Quote:
Alle Mächte, welche in den gedachten Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben, verpflichten sich, die Erhaltung der eingeborenen Bevölkerung und die Verbesserung ihrer sittlichen und materiellen Lebenslage zu überwachen und an der Unterdrückung der Sklaverei und insbesondere des N****handels mitzuwirken; sie werden ohne Unterschied der Nationalität oder des Kultus alle (…) Einrichtungen und Unternehmungen schützen und begünstigen, welche (…) dahin zielen, die Eingeborenen zu unterrichten und ihnen die Vortheile der Civilisation verständlich und werth zu machen.
Quelle:
Deutsches Reichsgesetzblatt (1885): Generalakte der Berliner Konferenz. Nr. 23, S. 225
Autor*inneninfo:
Die Generalakte der Berliner Konferenz von 1885, aus der dieses Zitat stammt, war das Abschlussdokument der mehr als dreimonatigen Zusammenkunft. Teil nahmen das Deutsche Reich, die USA, das Osmanische Reich, Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Portugal, Russland, Spanien und Schweden-Norwegen. Afrikanische Vertreter:innen waren nicht zugegen.
Kontext:
Der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck lud 1884 zur Berliner Konferenz ein, um die Grundlagen für die Aufteilung Afrikas in Kolonien und für den Handel festzulegen. Die in dem Dokument niedergeschriebenen Maßstäbe, die die europäischen Mächte als Schutzmacht für die Afrikaner*innen konstruierten, wurden in allen Kolonien verletzt: Unterdrückung, Gewalt und Willkür waren die koloniale Realität für die Kolonisierten (Zimmerer 2021). Kurz nach der Konferenz war fast der gesamte afrikanische Kontinent unter sieben europäischen Staaten aufgeteilt. 1914 war die Hälfte der Erdoberfläche und ein Drittel der Weltbevölkerung kolonisiert (Bertelsmann Universal-Lexikon 2006: 496).
Bismarck wird in der Geschichtspolitik als "vorsichtiger Kolonialpolitiker" gehandelt (s. bpb 2015). Allerdings nicht, weil er dagegen war, andere Menschen zu unterwerfen und auszubeuten, sondern weil für ihn die Kosten den Nutzen überstiegen (ebd.).
Zum Weiterlesen:
*Bundeszentrale für politische Bildung (2015): Bismarck und der Kolonialismus.
*Jung & Naiv (29.10.2021): Historiker Jürgen Zimmerer über deutschen Völkermord & Kolonialismus – Folge 538.
Jahr:
1885