Antisemitismus16

Quote:

So ist der Jude für die Lebenden ein Toter, für die Eingeborenen ein Fremder, für die Einheimischen ein Landstreicher, für die Besitzenden ein Bettler, für die Armen ein Ausbeuter und Millionär, für den Patrioten ein Vaterlandsloser, für alle Klassen verhaßter Konkurrent.

Quelle:

Leon Pinsker (1882): „Autoemancipation!“ Berlin, S. 13.

Autor*inneninfo:

Polen, Leon Pinsker. Pinsker (1821-1891) kam in einem kleinen Ort im heutigen Polen als Sohn eines Orientalisten zur Welt. Den Wunsch, eine Karriere als Jurist einzuschlagen, gab Pinsker aufgrund der Zulassungsbeschränkungen für Juden an den Universitäten auf. Diese Erfahrung wie auch die Eindrücke der am Ende des 19. Jahrhunderts aufflammenden Pogrome führten ihn von seiner einstigen assimilierten Haltung zu einer zionistischen Position, die er in seinem Buch „Autoemancipation! – Mahnruf an die Stammesgenossen“ ausformulierte. Das Werk gilt heute als eines der wichtigsten zionistischen Frühschriften.

Kontext:

Der moderne Antisemitismus entwickelte sich im 15 Jhd. und hatte einen Höhepunkt 1492 im Zuge der Reconquista, die die systematische Vertreibung der spanischen Juden von der iberischen Halbinsel zur Folge hatte. Sämtliche Assimilationsbemühungen, gar eine Konversion zum Christentum, rettete die Juden nicht davor, als "jüdische" Rasse konstruiert (Blutgesetze) und vertrieben zu werden. Die Zerstreuung des jüdischen Volkes und das Narrativ des "landlosen" Juden fand damit einen neuen Höhepunkt. Diese Erzählung hielt sich jahrhundertelang und führte zur Gründung des Zionismus.

Zum Weiterlesen:

Jewish Virtual Library: Judah Leib "Leon" Pinsker. Aladin El Mafaalani (2021): Wozu Rassismus. Köln: KiWi Verlag.

Jahr:

1882