Walter Charleton (1616-1707) war englischer Naturphilosoph und Arzt.
Thema der Zitate: Gender und Sexualität
Gesellschaftliche Geschlechterrollen und Vorstellungen von Sexualität hatten in der Weltgeschichte vielfältige Ausprägungen.
Die heterosexuelle Zweierbeziehung und die gesellschaftliche Definition von Frauen als „schwaches Geschlecht“ war keineswegs in allen Gesellschaften zu allen Zeiten hegemonial.
Viele alternative Gesellschaftsmodelle wurden allerdings durch Kolonisation, Mission und Dominanzkultur ausgelöscht und vergessen.
Im Zeitstrahl zu Gender und Sexualität gehen wir folgenden Fragen nach:
*Welche unterschiedlichen gesellschaftlichen Geschlechtsvorstellungen existierten in der Geschichte?
*Durch welche unterschiedlichen Machtverhältnisse waren diese geprägt und wie wurden sie verändert?
*Welche alternativen Vorstellungen existieren und existierten zur hegemonialen Vorstellung?
*Welche Widerstände gab und gibt es gegen hegemoniale Geschlechterrollen und -Bildder und Sexualitäten?“
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OK
Ihr seid die wahren Hyänen, die uns mit der Zartheit ihrer Haut verlocken, und hat die Torheit uns einmal in eure Nähe gebracht, dann stürzt ihr euch auf uns. Ihr seid die Verräter:innen der Weisheit, der Hemmschuh der Industrie, (…) eine Erschwernis für Tugend und Ansporn, die uns zu allen Lastern, zu Ungerechtigkeit und zum Verderben treiben. Ihr seid das Narrenparadies, die Seuche für weise Männer und der große Fehler der Natur.
Richtig!
Ihr seid die wahren Hyänen, die uns mit der Zartheit ihrer Haut verlocken, und hat die Torheit uns einmal in eure Nähe gebracht, dann stürzt ihr euch auf uns. Ihr seid die Verräter:innen der Weisheit, der Hemmschuh der Industrie, (…) eine Erschwernis für Tugend und Ansporn, die uns zu allen Lastern, zu Ungerechtigkeit und zum Verderben treiben. Ihr seid das Narrenparadies, die Seuche für weise Männer und der große Fehler der Natur.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Quelle:
Walter Charleton (1659): Ephesian Matron. Zitiert nach Silvia Federici (2014: 201).
Kontext:
Frauen dienen immer wieder als Sündenböcke: von der biblischen Geschichte, in der Eva Adam verführt, in den Apfel zu beißen, über die Hexenverfolgungen, durch die Frauen für jegliche gesellschaftliche Probleme dieser Zeit verantwortlich gemacht wurden. In dem Zitat werden Frauen u.a. dafür beschuldigt, Männern den Verstand zu rauben durch ihre sexuelle Attraktivität. Diese Verantwortungsumkehr wird auch heute noch benutzt, wenn z.B. ein Opfer einer sexuellen Gewalttat für die ihnen zugefügte Gewalt selbst verantwortlich gemacht werden und nicht der/die Täter:in.
Zum Weiterlesen:
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum kritik & utopie.
OK
Indigene Frauen und Familien stehen seit jeher an vorderster Front und versuchen, Gewalt gegen indigene Frauen und deren tiefe Wurzeln aufzudecken und Veränderungen herbeizuführen. Seit mehr als 519 Jahren leisten unsere Frauen Widerstand gegen die koloniale Gewalt gegen uns, unser Volk, unsere Nation und unser Land. Es ist die älteste soziale Bewegung in Nordamerika. Um die Gewalt für alle Menschen zu beenden, müssen indigene Frauen im Zentrum der Lösung sein.
Richtig!
Indigene Frauen und Familien stehen seit jeher an vorderster Front und versuchen, Gewalt gegen indigene Frauen und deren tiefe Wurzeln aufzudecken und Veränderungen herbeizuführen. Seit mehr als 519 Jahren leisten unsere Frauen Widerstand gegen die koloniale Gewalt gegen uns, unser Volk, unsere Nation und unser Land. Es ist die älteste soziale Bewegung in Nordamerika. Um die Gewalt für alle Menschen zu beenden, müssen indigene Frauen im Zentrum der Lösung sein.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Bridget Tolley (geb. 1960), Kitigan Zibi Anishinabeg-Aktivistin und Gründerin von Families of Sisters in Spirit. Sie setzt sich für die Recht von First Nation Frauen in Kanada ein.
Quelle:
Kontext:
Indigene Frauen standen oft an der Spitze antikolonialer Bewegungen wie Toypurina (1760-1799) im heutigen Kalifornien oder Bartolina Sisa (1750/1753-1782) in Bolivien. Sisa hatte die Befehlsgewalt über eine Armee von 40.000 Kämpfer:innen, die 1781 drei Monate lang die spanischen Kolonisatoren in La Paz belagerten. Der internationale Tag indigener Frauen findet an ihrem Todestag statt: Sie wurde am 05. September 1782 von den Spanier:innen hingerichtet.
Die Erziehungswissenschaftlerin Cyndy Baskin schreibt, dass koloniale Gewaltherrschaft oft indigene Geschlechtervorstellungen verdrängt haben. Sie erforschte beispielsweise, dass Frauen in indigenen Communities auf den Turtle Islands/Kanada anerkannte Persönlichkeiten waren (Baskin 2019).
Zum Weiterlesen:
*Pearson McKinney (2016): Before European Christians Forced Gender Roles, Native Americans Acknowledged 5 Genders.
*Beverley Jacobs (2014): How do we stop aboriginal women from disappearing? Ted talk.
*Families of Sisters in Spirit.
*Cyndy Baskin (2019): Contemporary Indigenous Women’s Roles: Traditional Teachings or Internalized Colonialism?
OK
Jeder, der Autorität bekommt, tyrannisiert andere; so wie viele Männer, Eltern, Herren, Magistrate, (…) sich aufschwingen zu Unterdrückern über solche, die unter ihnen sind, ohne zu wissen, dass ihre Frauen, Kinder, Diener, Subjekte ihre Mitgeschöpfe sind und das gleiche Privileg haben, teilzuhaben am Segen der Freiheit.
Richtig!
Jeder, der Autorität bekommt, tyrannisiert andere; so wie viele Männer, Eltern, Herren, Magistrate, (…) sich aufschwingen zu Unterdrückern über solche, die unter ihnen sind, ohne zu wissen, dass ihre Frauen, Kinder, Diener, Subjekte ihre Mitgeschöpfe sind und das gleiche Privileg haben, teilzuhaben am Segen der Freiheit.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Gerrard Winstanley (1609-1676) war protestantischer Reformer und politischer Aktivist in England.
Quelle:
Gerrad Winstanley (1649): The new law of righteousness, S. 158.
Kontext:
Winstanley war aktiv bei den sogenannten Diggers (Gräber:innen). Es waren zumeist Bäuer:innen ohne Land, die Land für die Allgemeinheit forderten, wo sie ihre Nahrung würden anbauen können. Er wollte eine Gesellschaft ohne Geld und Lohnarbeit. Winstanley macht in seinem Zitat deutlich, dass gewaltvolle Strukturen und Verhältnisse sich immer wieder reproduzieren. Von Gewalt und Unterdrückung betroffene Menschen merken dies meist am stärksten. Am häufigsten davon betroffen sind Menschen, die nicht den dominanten Kategorien von Race, Klasse, Gender, Sexualität usw. entsprechen, also Arme, Frauen, Homosexuelle, rassifizierte Menschen, Transgender, etc.
Zum Weiterlesen:
*Maria Mies (1986): Patriachy and Accumulation on a World Scale. Women in the International Division of Labour. London & New York: Zed Books.
OK
Die Geburtenkontrolle selbst, die oft als Verletzung des Naturgesetzes verurteilt wird, ist nichts anderes als die Erleichterung des Ausscheidens der Unfähigen, der Entstehung von Fehlern oder von Defekten. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsplan der Natur müssen wir der Weiblichkeit ihre volle Entwicklung ermöglichen, bevor wir von einer effizienten Mutterschaft ausgehen können. Wenn wir rassischen Fortschritt machen wollen, muss diese Entwicklung der Weiblichkeit der Mutterschaft in jeder einzelnen Frau vorangehen.
Richtig!
Die Geburtenkontrolle selbst, die oft als Verletzung des Naturgesetzes verurteilt wird, ist nichts anderes als die Erleichterung des Ausscheidens der Unfähigen, der Entstehung von Fehlern oder von Defekten. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsplan der Natur müssen wir der Weiblichkeit ihre volle Entwicklung ermöglichen, bevor wir von einer effizienten Mutterschaft ausgehen können. Wenn wir rassischen Fortschritt machen wollen, muss diese Entwicklung der Weiblichkeit der Mutterschaft in jeder einzelnen Frau vorangehen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Margaret Sanger (1879-1966) war als Frauenrechtlerin aktiv in der Geburtenkontrollbewegung in den USA und schloss sich im Laufe ihres Aktivismus‘ den Zielen der eugenischen Bewegung an.
Quelle:
Margaret Sanger (1920): Woman and the New Race. New York: Brentano’s, S. 8.
Kontext:
Margaret Sanger war 1921 Mitgründerin der American Birth Control League, sowie 1952 der internationale International Planned Parenthood Federation (IPFF), die sich internationaler Bevölkerungskontrolle zuwandte.
Bündnisse und Überlappungen zwischen feministischen, sozialistischen und eugenischen (Erbgesundheits-) Bewegungen gab es vor dem Zweiten Weltkrieg nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland. Nachdem Eugenik durch die brutale Bevölkerungspolitik des Nationalsozialismus diskreditiert war, wandten sich deren Verfechter:innen der globalen Bevölkerungskontrolle zu – und transportierten ähnliche Ideen, ohne sich direkt auf die rassenhygienischen Lehren der Eugenik zu beziehen.
Zum Weiterlesen:
*Betsy Hartmann (1995): Reproductive Rights and Wrongs. The Global Politics of Population Control. Cambridge: South Ende Press.
OK
Er ist schön, kokett, anziehend, höflich, liebenswürdig und an der Brust wie eine Nachtigall. Sein Haar ist wie Hyazinth (roter Edelstein), sein Grübchen eine Rose, sein Blick wie der Henker, seine Farbe wie Buchsbaumholz, sein Kehlkopf wie Stahl, sein Hinterteil wie eine Kristallschale, sein Nabel wie eine Lichtquelle, seine Waden sind wie silberne Säulen, seine Füsse wie Silberbarren, seine Stirnlocken wie Seidenfransen.
Richtig!
Er ist schön, kokett, anziehend, höflich, liebenswürdig und an der Brust wie eine Nachtigall. Sein Haar ist wie Hyazinth (roter Edelstein), sein Grübchen eine Rose, sein Blick wie der Henker, seine Farbe wie Buchsbaumholz, sein Kehlkopf wie Stahl, sein Hinterteil wie eine Kristallschale, sein Nabel wie eine Lichtquelle, seine Waden sind wie silberne Säulen, seine Füsse wie Silberbarren, seine Stirnlocken wie Seidenfransen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Der Text „Yemenici Bali“ (Bali der Schusterbube) stammt aus dem Buch „Dellakname-i Dilküsa“ (Das Buch über die Badediener) aus dem 17. Jahrhundert, das der Journalist Murat Bardakçı wieder bekannt gemacht hat. „Es ist einer der seltenen erotischen Texte der Osmanen, der in unsere Zeit übergekommen ist“ (Erdoğan 1998). 1680 ist eine ungefähre Angabe.
Quelle:
Zitiert nach Sema Nilgün Erdoğan (1998): Sexuelles Leben bei den Osmanen. Istanbul: Dönence.
Kontext:
Sexueller Kontakt unter Männern gehörte zum Osmanischen Reich ebenso wie auch das Dichten und Fantasieren von Männern über andere junge Männer. Junge Knaben, die oftmals einem bestimmten Schönheitsideal entsprachen, wurden nicht als männliche Lebewesen betrachtet, sondern als eine Art unperfekter Mann oder unperfekte Frau. Mit ihnen in sexuellen Kontakt zu kommen gehörte für viele Osmanen dazu, um Erfahrungen zu sammeln, bevor sie die Heirat mit einer Frau eingingen. Eine Beziehung als Mann mit einer Frau zu führen, bedeutete ein stabiles Leben mit Familienplanung, Treue und rein ehelichem Sex mit der Ehefrau. In seinem Buch ‚Desiring Arabs‘ (2008) spricht Joseph Massad von erzwungenen westlichen Sexualmodellen. Er trägt historische arabische Schriften über sexuelle Begierden zusammen, sowie konservative Antworten darauf. Auch aus dem antiken Griechenland gibt es zahlreiche Belege für homosexuelle Beziehungen, besonders unter Männern, aus Sparta und von der Insel Lesbos auch unter Frauen.
Zum Weiterlesen:
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexen. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum kritik & utopie.
OK
Die Emanzipation der Frau ist kein Akt der Nächstenliebe, das Ergebnis einer humanitären oder mitfühlenden Haltung. Die Befreiung der Frau ist eine grundlegende Notwendigkeit für die Revolution, die Garantie für ihre Kontinuität und die Voraussetzung für ihren Sieg. Das Hauptziel der Revolution besteht darin, das Ausbeutungssystem zu zerstören und eine neue Gesellschaft aufzubauen, die die Potenziale der Menschen freisetzt und sie mit der Arbeit und der Natur in Einklang bringt.
Richtig!
Die Emanzipation der Frau ist kein Akt der Nächstenliebe, das Ergebnis einer humanitären oder mitfühlenden Haltung. Die Befreiung der Frau ist eine grundlegende Notwendigkeit für die Revolution, die Garantie für ihre Kontinuität und die Voraussetzung für ihren Sieg. Das Hauptziel der Revolution besteht darin, das Ausbeutungssystem zu zerstören und eine neue Gesellschaft aufzubauen, die die Potenziale der Menschen freisetzt und sie mit der Arbeit und der Natur in Einklang bringt.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Samora Machel (1933-1986) war der erste Präsident Mosambiks nach der Unabhängigkeit 1975. Er kam 1986 bei einem Flugzeugabsturz im Apartheids-Südafrika ums Leben, dessen Ursachen ungeklärt sind.
Quelle:
Aus einer Ansprache auf der Gründungskonferenz der mosambikanischen Frauenorganisation OMM. Zitiert in: Stephanie Urdang (1989): And still they dance. Women, War and the Struggle for Change in Mozambique. New York: Monthly Review Press, S. 96.
Kontext:
Nach den Dekolonisationsphasen bricht in vielen befreiten Ländern eine transformative Zeit an, in der über politische, kulturelle und ökonomische Utopien nachgedacht und Ideen umgesetzt werden. Feminismus ist während dekolonialer Phasen immer wieder von wichtiger Bedeutung, um gemeinsam und über Geschlechtergrenzen hinweg gegen die koloniale Vormachtstellung anzukämpfen. Doch auch wenn Frauen in Umbrüchen und Revolutionen Frauen eine Hauptrolle spielen (Mugo 2010), wird in nachfolgenden Phasen wieder auf patriarchale Rollenmodelle zurückgegriffen (Linhard 2005). Das Foto ist bei der Beerdigung Machels aufgenommen.
Zum Weiterlesen:
*Micere Mugo (2010): Die Rolle der Frauen in afrikanischen Befreiungsbewegungen – Ein illustratives Beispiel aus Kenia. In: Africavenir (Hrsg.): 50 Jahre afrikanische Un-Abhängigkeiten – Eine (selbst)kritische Bilanz, S. 48-55.
*Tabea Alexa Linhard (2005): Fearless Women in the Mexican Revolution and Spanish Civil War. Columbia: University of Missouri Press.
*Le Monde Diplomatique (Augusta Conchiglia, 11/2017): The mysterious death of Samora Machel.
OK
Seit sie Kontakt mit Europäer:innen haben, sind Aborigines wie ich als „straight“ konstruiert worden. (…) Die sexuelle und geschlechtsspezifische Vielfalt der Ureinwohner bleibt in den Aufzeichnungen und Interpretationen von Geschichten meistens abwesend, und diese Abwesenheiten verstärken eine heterozentrische Lektüre der Kultur der Aborigines. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Homophobie und Transphobie von den christlichen Missionaren eingeführt wurden. Die soziale Ordnung der Missionen in ihrem Versuch, die Eingeborenen zu „zivilisieren“, beschränkte den Ausdruck der Aborigines.
Richtig!
Seit sie Kontakt mit Europäer:innen haben, sind Aborigines wie ich als „straight“ konstruiert worden. (…) Die sexuelle und geschlechtsspezifische Vielfalt der Ureinwohner bleibt in den Aufzeichnungen und Interpretationen von Geschichten meistens abwesend, und diese Abwesenheiten verstärken eine heterozentrische Lektüre der Kultur der Aborigines. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Homophobie und Transphobie von den christlichen Missionaren eingeführt wurden. Die soziale Ordnung der Missionen in ihrem Versuch, die Eingeborenen zu „zivilisieren“, beschränkte den Ausdruck der Aborigines.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Troy-Anthony Baylis (geb. 1976) ist ein Jawoyn-Aboriginal aus dem nördlichen Australien. Er ist Künstler, Kurator und Schriftsteller.
Quelle:
Troy-Anthon Baylis (15.04.2014): The art of seeing Aboriginal Australia’s queer potential. In: The Conversation.
Kontext:
Troy-Anthon Baylis forscht zu Gendervielfalt und fand heraus, dass es auf den australischen Tiwi-Inseln indigene Bezeichnungen für nicht-binäre Geschlechter gibt (The Hook Up 2018). Nicht-heterosexuelle Konzepte, wie z.B. ‚two-spirit‘ (zwei-geistig) in Nordamerika, gehörten in vielen vorkolonialen Gesellschaften zur Sexualität dazu. Diese wurden von christlicher Kirche und Kolonisator:innen als unmoralisch oder verwerflich betrachtet und verboten. In der katholischen Kirche war schon ab dem Dritten Lateranerkonzil von 1179 Homosexualität und nicht-prokreativer Sex verdammt (Boswell 1981, zitiert nach Federici 2014: 47) als eine Unkeuschheit gegen die Natur (Spencer 1995, zitiert nach Federici 2014: 47).
Zum Weiterlesen:
*Zuher Jazmati (2016): All-Round-Reflexionen: Was anti-koloniale Perspektiven mit Gender und Queer zu tun haben. In: Quix-Kollektiv (Hrsg.): Willst du mit mir gehen? S. 19f.
*The Hook Up (2018): What do we know about queer Indigenous history?
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum.
*Pearson McKinney (2016): Before European Christians Forced Gender Roles, Native Americans Acknowledged 5 Genders.
OK
Ich habe ihm gesagt, dass es nicht ehrenhaft sei für eine Frau, außer ihrem Ehemann noch jemand zu lieben. (…) Er selbst war nicht sicher, ob sein Sohn, der anwesend war, wirklich sein Sohn sei. Er antwortete: „Das was du sagst, macht keinen Sinn. Ihr Franzosen liebt nur eure Kinder, aber wir lieben alle Kinder unseres Stammes, unserer Gruppe“. Ich lachte, weil ich sah, dass er begann, Küchenphilosophie zu betreiben.
Richtig!
Ich habe ihm gesagt, dass es nicht ehrenhaft sei für eine Frau, außer ihrem Ehemann noch jemand zu lieben. (…) Er selbst war nicht sicher, ob sein Sohn, der anwesend war, wirklich sein Sohn sei. Er antwortete: „Das was du sagst, macht keinen Sinn. Ihr Franzosen liebt nur eure Kinder, aber wir lieben alle Kinder unseres Stammes, unserer Gruppe“. Ich lachte, weil ich sah, dass er begann, Küchenphilosophie zu betreiben.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Paul Le Jeune war ein französischer Jesuit, der Mitte des 17. Jahrhunders in Kanada lebte. Die Jesuiten wollten die Montagnais-Naskapi missionieren und disziplinieren. Die Montagnais-Naskapi lebten auf der östlichen Labrador Halbinsel.
Quelle:
Eleanor Burke Leacock (1981): Myths of Male Dominance: Collected Articles on Women Cross-Culturally. New York: Monthly Review Press, S. 50. Die Jahreszahl (1750) ist eine ungefähre Angabe.
Kontext:
Der Missionar war überrascht von der Großzügigkeit, dem Gemeinschaftssinn und der Status-Indifferenz der Montagnais-Naskapi, gleichzeitig aber schockiert über deren Verachtung von Konzepten wie Besitzdenken, Autorität (Leacock 1981: 49), männlicher Überlegenheit (Leacock 1981: 52) und dass sie ihre Kinder nicht bestrafen. Auch der Kolonisator Hernández de Córdoba war überrascht, als er 1517 auf der mexikanischen Halbinselinsel Yucatán landet: In den Tempeln gab es so viele weibliche Gottheiten (Federici 2014: S. 277), dass er sie als „Isla de la Mujeres“ (Fraueninsel) bezeichnete. Die fehlende männliche Autorität wurde von europäischer Seite oft als ein Fehlen von Zivilisation gesehen.
Zum Weiterlesen:
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum.
*Howard Zinn (2007): Eine Geschichte des amerikanischen Volkes. Berlin: Schwarzerfreitag Verlag.
OK
Die Statistiken, die von Weißen erstellt und aufrechterhalten wurden und nicht bezweifelbar sind, zeigen, daß während dieser Jahre (XXXX-XXXX) mehr als zehntausend Schwarze ohne formelles Gerichtsurteil und eine gesetzliche Hinrichtung kaltblütig ermordet worden sind. Und als Beweis für die absolute Straflosigkeit, mit der der weiße Mann sich unterstehen kann, einen Schwarzen zu töten, belegen die gleichen Berichte, daß bis jetzt während all dieser Jahre und für all diese Morde nur drei weiße Männer angeklagt, schuldig gesprochen und hingerichtet worden sind.
Richtig!
Die Statistiken, die von Weißen erstellt und aufrechterhalten wurden und nicht bezweifelbar sind, zeigen, daß während dieser Jahre (XXXX-XXXX) mehr als zehntausend Schwarze ohne formelles Gerichtsurteil und eine gesetzliche Hinrichtung kaltblütig ermordet worden sind. Und als Beweis für die absolute Straflosigkeit, mit der der weiße Mann sich unterstehen kann, einen Schwarzen zu töten, belegen die gleichen Berichte, daß bis jetzt während all dieser Jahre und für all diese Morde nur drei weiße Männer angeklagt, schuldig gesprochen und hingerichtet worden sind.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Ida B. Wells (1862-1931) war afro-amerikanische investigative Journalistin, Soziologin und Feministin. Sie dokumentierte die Lynch-Justiz in den USA in den 1890er Jahren. Die fehlenden Jahreszahlen sind 1865 und 1895.
Quelle:
Ida B. Wells-Barnett (1895/1969): On Lynching. Southern Horrors – A Red Record – Mob Rule in New Orleans, New York: Arno Press, S. 8.
Kontext:
Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) und der Befreiung versklavter Menschen stieg die Zahl der Lynchmorde rapide an. Fast immer waren die Opfer Schwarze Männer, die an Bäume gehängt wurden. Lynchmorde wurden von weißen Mobs durchgeführt, um Terror zu verbreiten. Zum Beispiel wurden in Tulsa/Oklahoma 1921 bis zu 300 Schwarze Amerikaner:innen ermordet. Erst 2020 ist das Massakers Teil des lokalen Schulcurriculums geworden. Zusätzlich wurden die sogenannten Jim Crow Gesetze in den südlichen US-Bundesstaaten eingeführt, die Segregation erzwangen und bis in die 1960er gültig blieben. Die Sängerin Billie Holiday protestierte 1939 mit dem Lied „Strange Fruit“ gegen die Lynchjustiz: „Schwarze Körper schwingen in der südlichen Brise, seltsame Früchte hängen an den Bäumen.“
Zum Weiterlesen:
*Audrey Lorde (1984): Sister Outsider. Essays and Speeches. Trumansburg: Crossing Press
*Toni Morrison (2000): Sehr blaue Augen. Reinbeck: Rowohlt.
*Billie Holiday (1939): Strange Fruit. Text von Abel Meeropol
OK
Beim Suchen fand ich etwas, das ich nicht erwartet hatte, etwas, wofür auch Jahrzehnte von entschlossener Assimilation mich nicht blind machen konnten: In diesem schwulen Mekka war ich ein unsichtbarer Mann; immer noch hatte ich keinen Schatten, keine Substanz. Keine Geschichte, keinen Platz. Keine Spiegelung. Ich war ein Alien, ungesehen – und gesehen, ungewollt. Hier, wie in Hepzibah, war ich ein [N.], immer noch. Ich gab auf.
Richtig!
Beim Suchen fand ich etwas, das ich nicht erwartet hatte, etwas, wofür auch Jahrzehnte von entschlossener Assimilation mich nicht blind machen konnten: In diesem schwulen Mekka war ich ein unsichtbarer Mann; immer noch hatte ich keinen Schatten, keine Substanz. Keine Geschichte, keinen Platz. Keine Spiegelung. Ich war ein Alien, ungesehen – und gesehen, ungewollt. Hier, wie in Hepzibah, war ich ein [N.], immer noch. Ich gab auf.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Marlon Riggs (1957-1994) war US-amerikanischer Filmemacher, Dichter und gay-rights-Aktivist.
Quelle:
Aus Marlon Riggs‘ „Tongues Untied“, zitiert in: José Esteban Muñoz (1999): Disidentifications. Queers of Color and the Performance of Politics. Minneapolis: University of Minnesota Press, S. 9.
Kontext:
Riggs spricht davon, wie unterschiedliche Strukturen wie Rassismus und Sexualität sich gegenseitig beeinflussen. Das wird Intersektionalität genannt. Diskriminierung intersektional zu denken wird einer Lebensrealität gerecht, in der jede:r immer mehrere Zugehörigkeiten empfindet oder von der Gesellschaft zugeschrieben bekommt (Alter, Geschlecht, sexuelle Identität, Behinderung, legaler Status, Bildungsabschluss, u.v.m.). So schrieb beispielsweise Audre Lorde davon, dass sie innerhalb der lesbischen Community Schwarz und innerhalb der Schwarzen Community lesbisch sei. Lorde schreibt, dass es keine Hierarchie der Unterdrückung gibt, sodass man Unterdrückung immer in seinen vielfältigen Erscheinungsformen erkennen und bedenken muss.
Zum Weiterlesen:
*Marlon Riggs (1994): Black is … Black ain‘t. Dokumentarfilm. 87 min.
*Marlon Riggs (1989): Tongues untied. Dokumentarfilm. 55 min.
*Audre Lorde (2009): I Am Your Sister: Collected and Unpublished Writings of Audre Lorde. Oxford & New York: Oxford University Press.
OK
du siehst/ mich hinter/ deiner pocket kamera/ erinnerungen aus ostafrika/ und das/ was du gelesen hast/ darüber/ bereit es auf mir abzuladen// (…)/ den letzten urlaub/ hast du/ dort verbracht/ und willst/ mich/ tanzen sehen/ damit die bilder wieder/ greifbar werden// ich schau dich an/ und in die ferne/ in die vergangenheit/ vor und zurück/ suche/ nach einem grund/ dich/ SCHWESTER/ zu nennen.
Richtig!
du siehst/ mich hinter/ deiner pocket kamera/ erinnerungen aus ostafrika/ und das/ was du gelesen hast/ darüber/ bereit es auf mir abzuladen// (…)/ den letzten urlaub/ hast du/ dort verbracht/ und willst/ mich/ tanzen sehen/ damit die bilder wieder/ greifbar werden// ich schau dich an/ und in die ferne/ in die vergangenheit/ vor und zurück/ suche/ nach einem grund/ dich/ SCHWESTER/ zu nennen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
May Ayim (1960-1996) war afrodeutsche Dichterin, Aktivistin, Pädagogin und Logopädin.
Quelle:
May Ayim 1995: 75
Kontext:
Ayim spricht von der Herausforderungen der Bündnisse zwischen Schwarzen und weißen Feminist*innen. Das Konzept einer „globalen“ Schwesternschaft, zu dem die Frauenbewegung des Globalen Nordens aufruft, ist auch für Gayatri Spivak oft nichts weiter als eine paternalistische Mission in Richtung der „armen“ Schwestern in der „Dritten Welt“. Immer wieder weist sie die feministischen Bewegungen des Nordens darauf hin, dass die Kämpfe der Frauen im Süden eine andere materielle Grundlage haben als jene, die von Frauen der „Ersten Welt“ ausgetragen werden. Die verbreitete Praxis, Frauen des Südens zu romantisieren, zu viktimisieren oder etwa in paternalistischer Manier darzustellen, ist symptomatisch für ein kolonialistisches Wohlwollen. Auch bell hooks ruft zu einer Vielfältigkeit, Auseinandersetzung und Anderssein innerhalb der feministischen Solidarität auf: „Solidarität muß nicht unbedingt auf gemeinsame Erfahrung beruhen. Sie kann sich auf das politische und ethische Verständnis von Rassismus und die Absage an Dominanz gründen“ (hooks 1994: 23f.)
Zum Weiterlesen:
*May Ayim (1995): schwarz weiss monolog, in: Blues in Schwarz-Weiss. Berlin: Orlanda Frauenverlag.
*Audre Lorde (2009): I Am Your Sister: Collected and Unpublished Writings of Audre Lorde. Oxford & New York: Oxford University Press.
*Gayatri Spivak (1988): Can The Subaltern Speak? In: Cary Nelson & Lawrence Grossberg (Hrsg.): Marxism and the Interpretation of Culture. Chicago: University of Illinois Press, S. 66f.
*bell hooks (1986): Sisterhood: Political Solidarity between Women.
* bell hooks (1994): Black Looks. Deutsche Ausgabe, S. 23 f.
OK
Diese blauaugichte Unholdin ward schwängern Leibes hiehergebracht, und von den Schiffleuten hier zurükgelassen; du, mein Sclave, warest nach deiner eignen Aussage, damals ihr Diener. Und weil du zu Verrichtung ihrer irdischen und abscheulichen Aufträge ein zu zärtlicher Geist warst (…) schloß sie dich in ihrer unerbittlichen Wuth, mit Hülfe ihrer stärkern Diener in eine gespaltne Fichte, in deren Klamme eingekerkert du zwölf peinvolle Jahre verharren mußtest, bis sie starb und dich in diesem elenden Zustand ließ, worinn du die Gegend umher (…) mit Aechzen und Winseln erfülltest.
Richtig!
Diese blauaugichte Unholdin ward schwängern Leibes hiehergebracht, und von den Schiffleuten hier zurükgelassen; du, mein Sclave, warest nach deiner eignen Aussage, damals ihr Diener. Und weil du zu Verrichtung ihrer irdischen und abscheulichen Aufträge ein zu zärtlicher Geist warst (…) schloß sie dich in ihrer unerbittlichen Wuth, mit Hülfe ihrer stärkern Diener in eine gespaltne Fichte, in deren Klamme eingekerkert du zwölf peinvolle Jahre verharren mußtest, bis sie starb und dich in diesem elenden Zustand ließ, worinn du die Gegend umher (…) mit Aechzen und Winseln erfülltest.
Jahr:
Autor*inneninfo:
William Shakespeare (1564-1616) war britischer Dramatiker.
Quelle:
William Shakespeare (1611): Der Sturm.
Kontext:
Im Shakespeare-Stück „Der Sturm“ organisiert Caliban, Indigener einer fiktiven Insel und Sohn einer Hexe, zusammen mit zwei europäischen Arbeitern einen Aufstand gegen die Europäer:innen der Insel. Der Aufstand scheitert. In dem Zitat geht es um seine Mutter, die Hexe Sycorax. Das Zitat stellt den Geist der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts dar. Weiblichkeit wurde besonders in diesen Jahrhunderten als verdorben und gefährlich dargestellt. Denn Frauen spielten u.a. in den Häretiker:innenbewegungen, die die Autorität und Macht der Kirche anzweifelten, eine große Rolle und stellten somit eine Gefahr für die damalige Ordnung dar. Einen Höhepunkt dieser Hetzkampagne bildete die Hexenverbrennung. Zwischen 1550 und 1650 wurden in Europa besonders viele Frauen als Hexen verbrannt (Federici 2009: 229).
Zum Weiterlesen:
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum.
*Aimé Césaire (1969): A Tempest. New York: Ubu Repertory Theater Publications.
* Sarah Richt (2019): A Tempest by Aimé Césaire: Curriculum Guide for Postcolonial Educators.
OK
Ich kann mir nicht vorstellen, mich zu unterwerfen. Lieber sterbe ich. Aber kann ich von den Menschen verlangen, dass sie sich opfern? Denn diese wilden Tiere haben schon größere Reiche vernichtet.
Richtig!
Ich kann mir nicht vorstellen, mich zu unterwerfen. Lieber sterbe ich. Aber kann ich von den Menschen verlangen, dass sie sich opfern? Denn diese wilden Tiere haben schon größere Reiche vernichtet.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Der Satz wird Sarraouina Mangou zugeschrieben, die Ende des 19. Jahrhunderts Königin im Niger gewesen und gegen die französischen Kolonialtruppen gekämpft haben soll. Die Jahreszahl ist eine ungefähre Angabe.
Quelle:
Moustapha M. Diallo (2014): Visionäre Afrikas. Wuppertal: Peter Hammer, S. 64.
Kontext:
„Sarraounia“ bedeutet in der Sprache Hausa „Königin“ oder „Chefin“. Während unterschiedlicher antikolonialer Kämpfe im Niger, wurde dieser Titel vor allem für weibliche Führerinnen verwendet. Allerdings ist davon hauptsächlich eine Führungsposition auf religiöser Ebene erhalten geblieben und auch diese ist für eine Sarraouina umkämpft. Viele Geschichtsbücher ignorieren in größten Teilen die Königinnen, Priesterinnen und Anführer:innen, was zu einem weiteren fehlenden Wissen über nicht-weiße Frauen und Kämpfe führt.
Zum Weiterlesen:
*Med Hondo (1986): Der Kampf der Schwarzen Königin. Historienfilm.
*Abdoulaye Mamani (1980): Sarraounia. Film.
*Stanley B. Alpern (2011): Amazons of Black Sparta: The Women Warriors of Dahomey. New York: New York University Press.
OK
Im Nachbardorf haben sie zwanzig Frauen vom Mütterclub zu einer Lebensmittelspende eingeladen und ihnen dann gesagt, sie wollten sie impfen. In Wirklichkeit war das eine Narkose, und danach wurden sie sterilisiert.
Richtig!
Im Nachbardorf haben sie zwanzig Frauen vom Mütterclub zu einer Lebensmittelspende eingeladen und ihnen dann gesagt, sie wollten sie impfen. In Wirklichkeit war das eine Narkose, und danach wurden sie sterilisiert.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Anonyme Interviewpartnerin, Andenhochland von Peru, interviewt von Susanne Schultz.
Quelle:
Schultz, Susanne (2006): Hegemonie, Gouvernementalität, Biomacht. Reproduktive Risiken und die Transformation internationaler Bevölkerungspolitik. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 11.
Kontext:
Unter der Regierung Fujimori (1990-2000) wurden in Peru zwischen 1995-1998 insbesondere in armen Stadtteilen und unter der indigenen Bevölkerung etwa 300.000 Frauen und Männer sterilisiert. Während anfangs viele Frauen das Programm für eine freiwillige Sterilisation nutzten, wurde es nach und zur Zwangsmaßnahme. Es gibt vielfältige Formen, wie internationale Bevölkerungsprogramme versucht haben und versuchen, möglichst große demografische Effekte mit ihren Programmen zu erreichen, sprich möglichst viele Frauen zu sterilisieren oder zu (am besten langfristig wirksamen) Verhütungsmethoden zu bewegen, sei es durch „Anreize“, also Geschenke, sei es durch Quotenvorgaben im Gesundheitssystem, sei es wie in diesem Zitat dargestellt, auch durch direkten Zwang und Täuschung.
Zum Weiterlesen:
*Schultz, Susanne (2000): Leise Diplomatie. Die Politik feministischer Nicht-Regierungsorganisationen zur Sterilisationskampagne in Peru. In: Karin Gabbert et al. (Hrsg.): Lateinamerika-Jahrbuch 24. Geschlecht und Macht. Analysen und Berichte. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 55-65.
*The Quipu Project.
OK
Afrikanische Frauen waren, lange bevor sie sich dem ‚offiziellen‘ Befreiungskampf anschlossen, schon Teil einer andauernden Geschichte des Widerstands gegen den Kolonialismus. (…) Sie hatten nicht nur aktiv an Protesten teilgenommen, sondern auch in vielen Fällen eine Führungsposition übernommen, bei der Organisation von Protesten, Streiks, Demonstrationen, Kampagnen der Arbeitsverweigerung, des zivilen Ungehorsams und anderer Formen des Widerstands in der Geschichte ihrer Nationen.
Richtig!
Afrikanische Frauen waren, lange bevor sie sich dem ‚offiziellen‘ Befreiungskampf anschlossen, schon Teil einer andauernden Geschichte des Widerstands gegen den Kolonialismus. (…) Sie hatten nicht nur aktiv an Protesten teilgenommen, sondern auch in vielen Fällen eine Führungsposition übernommen, bei der Organisation von Protesten, Streiks, Demonstrationen, Kampagnen der Arbeitsverweigerung, des zivilen Ungehorsams und anderer Formen des Widerstands in der Geschichte ihrer Nationen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Micere Mugo (geb. 1942) ist kenianische Autorin, Dichterin und Aktivistin. Sie musste Kenia 1982 aufgrund ihres politischen Aktivismus verlassen.
Quelle:
Micere Mugo (2010): Die Rolle der Frauen in afrikanischen Befreiungsbewegungen – Ein illustratives Beispiel aus Kenia. In: Africavenir (Hrsg.): 50 Jahre afrikanische Un-Abhängigkeiten – Eine (selbst)kritische Bilanz, S.48-55.
Kontext:
Frauen spielten in Widerstandsbewegungen eine wichtige Rolle: in Europa (s. für einen historischen Überblick Federici 2012), in Lateinamerika (s. für die mexikanische Revolution Linhard 2005) oder in Asien (s. für die Philippinen im Zweiten Weltkrieg Rheinisches JournalistInnenbüro & recherche international e.V. 2008). In Westafrika gab es im 18. und 19. Jahrhundert die kämpferischen Dahomey, die Stanley Alpern in seinem Buch „Amazons of Black Sparta“ (2011) beschreibt. Auch beim Mau-Mau-Krieg gegen die deutschen Kolonialherr:innen gibt es Zeugnisse weiblicher Kämpfer:innen (Mugo 2004), ebenso wie in den Unabhängigkeitsbewegungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (s. für Zimbabwe Sinclair 1996).
Zum Weiterlesen:
*Micere Githae Mugo (2004): Muthoni Wa Kirima: Mau Mau woman field marshal: interrogation of silencing, erasure, and manipulation of female combatants‘ texts. Harare: Sapes Books.
*Stanley B. Alpern (2011): Amazons of Black Sparta: The Women Warriors of Dahomey. New York: New York University Press.
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe: Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum kritik & utopie.
*Ingrid Sinclair (1996): Flame. (Film über weibliche Guerillas im Unabhängigkeitskrieg in Zimbabwe).
*Rheinisches JournalistInnenbüro & recherche international e.V (2008): Die dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Unterrichtsmaterialien zu einem vergessenen Kapitel der Geschichte.
*Tabea Alexa Linhard (2005): Fearless Women in the Mexican Revolution and Spanish Civil War. Columbia: University of Missouri Press.
OK
Ich ging in die Spielzeugabteilung, die ebenfalls nach Geschlechtern organisiert war. Spielzeug für Jungen ist überwiegend ‚aktiv‘ und verlangt nach einer Betätigung – Züge, Autos – und Spielzeug für Mädchen ist überwiegend ‚passiv‘ und besteht zu einem überwältigenden Prozentsatz aus Puppen. Ich war schockiert. Mir war nicht klar, wie früh unsere Kultur festlegt, wie ein Junge und wie ein Mädchen sein sollten. Ich wünschte mir, Spielzeug wäre nach Kategorien sortiert, nicht nach Geschlechtern.
Richtig!
Ich ging in die Spielzeugabteilung, die ebenfalls nach Geschlechtern organisiert war. Spielzeug für Jungen ist überwiegend ‚aktiv‘ und verlangt nach einer Betätigung – Züge, Autos – und Spielzeug für Mädchen ist überwiegend ‚passiv‘ und besteht zu einem überwältigenden Prozentsatz aus Puppen. Ich war schockiert. Mir war nicht klar, wie früh unsere Kultur festlegt, wie ein Junge und wie ein Mädchen sein sollten. Ich wünschte mir, Spielzeug wäre nach Kategorien sortiert, nicht nach Geschlechtern.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Chimamanda Ngozi Adichie (geb. 1977) ist eine nigerianisch-US-amerikanische Schriftstellerin.
Quelle:
Chimamanda Ngozi Adichie (2017): Liebe Ijeawele … Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden. Frankfurt am Main: Fischer, S. 25.
Kontext:
Menschen werden schon im Babyalter in zwei Geschlechter aufgeteilt. Dabei haben nicht nur die Eltern Einfluss auf die geschlechterspezifische Erziehung, sondern auch die kapitalistische Wirtschaftsproduktion, die durch sog. „Gender Marketing“ binär in Produkte für „Jungen“ und „Mädchen“ aufteilt. Diese werden so gestaltet und vermarktet, sodass die Kinder schon ganz früh erlernen, wie sie sein „müssen“. Diese Verkaufsstrategie dient vor allem den Unternehmen, denn so wird mehr Umsatz gemacht: Das Mädchen braucht ein rosa Fahrrad mit Prinzessin, während ihr Bruder sicherlich ein blaues Zweirad mit Piratenabbildung will. Uta Brandes von der Uni Köln forscht dazu und sagt: „Nehmen Sie Lego. Das war mal ein neutrales Spielzeug, damals, als es nur die bunten Klötzchen gab. Heute gibt es die rosa Lego-Friends-Serie für Mädchen“ (Emma, 06.11.2008).
Zum Weiterlesen:
*Chimamanda Ngozi Adichie (2017): Dear Ijeawele or a Feminist Manifesto in Fifteen Suggestions. New York: Alfred A. Knopf.
*Elke Richter (2015): Süßes Rosa, wildes Blau.
*Lea Streisand (2016): Würgereiz im Spielwarengeschäft.
OK
Die Frau suche [beim Gottesdienst] Belehrung durch stilles Zuhören in aller Unterordnung; dagegen gestatte ich keiner Frau, Lehrvorträge zu halten oder sich die Gewalt über den Mann anzumaßen; nein, sie soll in stiller Zurückhaltung verbleiben. Denn Adam ist zuerst geschaffen worden, danach erst Eva.
Richtig!
Die Frau suche [beim Gottesdienst] Belehrung durch stilles Zuhören in aller Unterordnung; dagegen gestatte ich keiner Frau, Lehrvorträge zu halten oder sich die Gewalt über den Mann anzumaßen; nein, sie soll in stiller Zurückhaltung verbleiben. Denn Adam ist zuerst geschaffen worden, danach erst Eva.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Der Apostel Paulus oder Paulus von Tarsus (10 vuZ – 60 nuZ) in seinem Brief an Timotheus (1.11 – 14) aus dem Neuen Testament. Paulus war Missionar. Allerdings bestehen Zweifel darüber, ob Paulus tatsächlich deren Verfasser war, oder ob es sich um eine:n spätere:n Nachahmer:in handelt, der:die sich als Paulus ausgab. Das Neue Testament, das mit der Geburt von Jesus beginnt, ist der Teil der Bibel, mit dem sich das Christentum vom Judentum abgrenzt.
Quelle:
Roberta Magnani (2017): Powerful men have tried to silence abused women since Medieval times. In: The Independent, 02.11.2017. Das Zitat entstand zwischen 48 und 61 n.u.Z.
Kontext:
In der Verführbarkeit Evas wird eine grundlegende Tradition deutlich, die Frauen als Sündenböcke unterschiedlichen Übels zu sehen: Sie beißt in den Apfel und verdammt die Menschheit aus dem Paradies. Diese Tradition ist in allen drei monotheistischen Religionen (Judaismus, Christentum, Islam) und auch darüber hinaus in anderen Weltreligionen verbreitet (Stover & Hope 1984). Allerdings argumentieren einige, dass die drei Religionen anfangs Unterdrückte befreien wollten, aber mit ihrer Etablierung und Machtanhäufung diese befreienden Aspekte ausgemerzt wurden (Swidler 1974: 168). Im christlich-kolonialen Missionierungsauftrag spielte die Disziplinierung der Frauen eine wichtige Rolle. Denn gerade die Mission wollte die westliche Sicht von Zivilisation, Tugend und Moral sollte im Denken kolonisierter Länder etablieren.
Zum Weiterlesen:
*Roberta Magnani (2017): Powerful men have tried to silence abused women since Medieval times.
*Ronald G. Stover & Christine A. Hope (1984): Monotheism and Gender Status: A Cross-Societal Study. In: Social Forces
Vol. 63, No. 2, S. 335-348.
*Leonard Swidler (1974): Is Sexism a Sign of Decadence in Religion? In Judith Plaskov & Joan A. Romero: Women and Religion. Scholar Press.
OK
Dieser Mann dort drüben sagt, dass Frauen in Kutschen geholfen und über Gräben gehoben werden müssen, um überall den besten Platz zu haben. Niemand hilft mir jemals in Kutschen oder über Schlammpfützen oder gibt mir den besten Platz! Und bin ich denn keine Frau? Schau mich an! Schau dir meinen Arm an! Ich habe gepflügt und gepflanzt …
Richtig!
Dieser Mann dort drüben sagt, dass Frauen in Kutschen geholfen und über Gräben gehoben werden müssen, um überall den besten Platz zu haben. Niemand hilft mir jemals in Kutschen oder über Schlammpfützen oder gibt mir den besten Platz! Und bin ich denn keine Frau? Schau mich an! Schau dir meinen Arm an! Ich habe gepflügt und gepflanzt …
Jahr:
Autor*inneninfo:
Das Zitat stammt aus der Ansprache „Bin ich keine Frau“ von Sojourner Truth (ca. 1797-1883). In der Sklaverei geboren, war sie als freie Frau eine wichtige Abolitionistin und Frauenrechtlerin.
Quelle:
Ansprache Ain’t I a Woman. Wikipedia.
Kontext:
Die Sufragettenbewegung war eine Bewegung für das Frauenwahlrecht, vor allem im englischsprachigen Raum. Es waren vor allem weiße Frauen des Bürgertums vertreten. Auf ihren Veranstaltungen sprach auch der bekannte Schwarze Abolitionist Frederick Douglass. Schwarze Männer konnten in den 1860er und 70er Jahren wählen, es gab Schwarze Kongressabgeordnete (The Daily Show 30.07.2020). Viele der Suffragetten verbanden antirassistische mit antisexistischen Belangen. Allerdings kritisierte die Schwarze Suffragette Sojourner Truth 1851 in ihrer Ansprache, wie die weiße Frauenbewegung die Belange Schwarzer Frauen verriet und machte auf den Zusammenhang von Race und Gender aufmerksam. Noch 1913 sollten auf Wahlrechtsdemonstrationen Schwarze Frauen in den hinteren Reihen gehen. Die Schwarze Investigativjournalistin Ida Wells weigerte sich, dabeizusein (New York Times, 28.07.2018).
Zum Weiterlesen:
*The Daily Show (Trevor Noah 2020): Unsung Black Heroines.
*The New York Times (Brent Staples, 28.07.2018): How the Suffrage Movement Betrayed Black Women.
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