Harald Martenstein (geb. 1953) ist deutscher Journalist und Autor, u.a. für Die Zeit. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Thema der Zitate: Kolonialismus
Als Kolonialismus wird meist eine vergangene Epoche bezeichnet, in der europäische Mächte sich in Afrika, Asien und Lateinamerika des Landes und der Bevölkerung bemächtigten. Kolonialismus kann aber sehr viel mehr beschreiben, denn der Herrschaft über Menschen und Land liegt eine Geisteshaltung zugrunde, in der sich Europäer*innen über andere Menschen stellten, u.a. durch von ihnen erdachte Rassenhierarchien oder Zivilisierungsstufen. Dies hatte Vertreibung und Vernichtung zur Folge. Es gab in allen Erdteilen Widerstand der Kolonisierten gegen die Eroberer. Aber bis heute hat Kolonialismus Auswirkungen auf Politik, Gesellschaft, zwischenmenschliche Beziehungen und Individuen.
Im Zeitstrahl zu Kolonialismus gehen wir folgenden Fragen nach:
*Was für Motive gab es für Eroberung und Kolonialismus?
*Welche Gründe dachten sich die Kolonisator*innen für die Rechtfertigung der Kolonisierung aus?
*Welche unterschiedlichen Arten von Kolonisierung gab und gibt es?
*Wie wird Kolonialismus von Kolonisierten beschrieben?
*Welche Widerstände gegen Kolonisierung gab es und von wem?
*Wogegen richteten sich diese Widerstände genau?
*Inwiefern sind koloniale Strukturen und koloniales Gedankengut noch heute wirksam?
*Wie kann Kolonisierung heute wirksam entgegengetreten werden?“
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Man würde Hunderttausende oder sogar Millionen von Leben retten, indem man gewisse Länder wieder zu Kolonien macht, zum Beispiel Nigeria, Syrien oder Somalia. Sicher, der Kolonialismus war schlimm, aber das, was danach kam, ist in einigen Fällen deutlich schlimmer.
Richtig!
Man würde Hunderttausende oder sogar Millionen von Leben retten, indem man gewisse Länder wieder zu Kolonien macht, zum Beispiel Nigeria, Syrien oder Somalia. Sicher, der Kolonialismus war schlimm, aber das, was danach kam, ist in einigen Fällen deutlich schlimmer.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Quelle:
Harald Martenstein (27.10.2015): Über Mittel gegen die Ursachen des Flüchtlingsstroms. ZEITmagazin.
Kontext:
Der Kolonialismus hat eine ebenso lange Geschichte wie seine Verharmlosung, Romantisierung und Rechtfertigung mit humanitären Zwecken. In vielen ehemaligen Kolonialmächten in Europa, Nordamerika und Japan besteht u.a. dadurch, dass Kolonialismus nicht Teil von Lehrplänen in Schulen ist, wenig Wissen und Bewusstsein über die gewalttätigen Auswirkungen von kolonialer Eroberung und Genozid. Dadurch können auch durch Autor:innen wie Martenstein immer wieder Erzählungen verbreitet werden, die den Kolonialismus als Zivilisierungsmission hochhalten. Der von Marimba Anis etablierte Begriff von „Maafa“ (Swahili für großes Unglück) soll den verharmlosenden Begriff von „Kolonialismus“ ersetzen. Maulana Karenga brachte auch den Begriff Afrikanischer Holocaust in die Diskussion ein, da Maafa auch mit „Unfall“ übersetzt werden kann und so keine Absicht impliziert.
Zum Weiterlesen:
*Eduardo Galeano (1980): Die offenen Adern Lateinamerikas. Die Geschichte eines Kontinents von der Entdeckung bis zur Gegenwart. Wuppertal: Hammer.
*David Spurr (1993): The Rhetoric of Empire. Colonial Discourse in Journalism, Travel Writing and Imperial Administration. Durham & London: Duke University Press.
*Teno, Jean-Marie Teno (2004): „Gehet hin in alle Welt…” — Die deutsche Mission in Afrika. Dokumentarfilm. 70 min. Frankreich/ Deutschland.
**Reinhard Zöllner (2017): Mit Kaiser, Hitler und Bajonett: Japans neue Bildungspolitik.
OK
Gleich nach meiner Ankunft in Indien ergriff ich auf der ersten von mir entdeckten Insel mit Gewalt einige ihrer Bewohner, damit sie lernen und mich informieren sollten, über das, was es in diesen Gegenden gab. Und so verstanden sie uns bald, und wir sie, durch Sprache oder Zeichen, und sie waren sehr nützlich. Ich habe sie immer noch bei mir und sie sind sich sicher, dass ich vom Himmel komme.
Richtig!
Gleich nach meiner Ankunft in Indien ergriff ich auf der ersten von mir entdeckten Insel mit Gewalt einige ihrer Bewohner, damit sie lernen und mich informieren sollten, über das, was es in diesen Gegenden gab. Und so verstanden sie uns bald, und wir sie, durch Sprache oder Zeichen, und sie waren sehr nützlich. Ich habe sie immer noch bei mir und sie sind sich sicher, dass ich vom Himmel komme.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Christoph Kolumbus (ca. 1451-1506) war italienischer Seefahrer und Menschenhändler. Die Suche nach einem Seeweg nach Indien führte ihn in die Amerikas. Kolumbus war so maßgeblich an der Kolonisierung des Kontinents beteiligt.
Quelle:
Andres Bernaldez (1930): The Voyages of Christopher Columbus, Being the Journals of his First and Third, and the Letters Concerning his First and Last Voyages, to Which is Added the Account of his Second Voyage. London: The Argonaut Press.
Kontext:
Die europäische Kolonialexpansion wird oft in drei Phasen aufgeteilt: [1] Der spanische und portugiesische Kolonialismus, hauptsächlich der Amerikas ab dem Ende des 15. Jahrhunderts, dem die Ausbeutung der Ressourcen zugrunde lagen. [2] Die britische, französische und niederländische Kolonialisierung Asiens und Teilen Amerikas und Südafrikas ab dem 17. Jahrhundert (mit Unterstützung der „British East India Company“ und der „Dutch West“ und „East India Company“) sowie der Siedlungskolonialismus in den Amerikas und [3] Ende des 19. Jahrhundert die koloniale Aufteilung Afrikas in Einflusszonen europäischer Großmächte. Obwohl sich die unterschiedlichen Phasen unterschieden, einte sie die gewalttätige Unterwerfung der Bevölkerung und der Glauben an weiße Überlegenheit, der schon aus Kolumbus‘ Zitat spricht. Die Kolonisation war in vielen Gebieten von großem Widerstand begleitet: In Südafrika gab es von 1779 bis 1879 Kriege mit den Xhosa. Auch die britische Eroberung Indiens dauerte 100 Jahre. In Algerien brauchten die Franzosen 20 Jahre für die Besetzung des Landes.
Zum Weiterlesen:
*Josephine Apraku (2017): Kolonialismus im Unterricht. Webinar.
*Bernd-Stefan Grewe & Thomas Lange (2015): Kolonialismus. Stuttgart: Reclam.
*Al Jazeera (2019): Because Colonialism. 25min.
*Raoul Peck (2021): Exterminate All the Brutes. Trailer.
*Göran Olsson (2014): Concerning Violence. Trailer.
OK
Die Polizei kommt, um unsere Mieten einzutreiben. Die Schutzinstitution für Aboriginals findet, dass es wichtig ist für colored Menschen, ihre Miete zu bezahlen. Aber weiße Menschen haben nie daran gedacht, Miete zu bezahlen für das ganze Land, dass sie von unseren Vorfahren weggenommen haben.
Richtig!
Die Polizei kommt, um unsere Mieten einzutreiben. Die Schutzinstitution für Aboriginals findet, dass es wichtig ist für colored Menschen, ihre Miete zu bezahlen. Aber weiße Menschen haben nie daran gedacht, Miete zu bezahlen für das ganze Land, dass sie von unseren Vorfahren weggenommen haben.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Mary Clarke, (Geburtsdatum ungekannt – 1984) war eine Koori-Aboriginal-Aktivistin. Das Zitat stammt aus einer Rede, die auf einem Treffen mit Journalist:innen aufgezeichnet wurde. Das Treffen richtete sich gegen die Vertreibung von einer Frau und ihrer Kindern aus ihrem Haus im Framlingham Settlement (Victoria, Australien).
Quelle:
Originalquelle: Zeitung Melbourse Argus (22.02.1951)
Wiedergedruckt in: Jan Chritchett (1998): Untold Stories: Memories and Lives of Victorian Kooris. Melbourne: Melbourne University Press, S. 4.
Kontext:
Australien war eine Siedlungskolonie von Großbritannien. 1770 beanspruchte James Cook Ost-Australien für die britische Krone. Auch die Idee einer Gefangenenkolonie kam von ihm, um die überfüllten britischen Gefängnisse zu entlasten. 1788 landete Captain Arthur Phillip mit 1500 Gefangenen in Sydney. Es wird geschätzt, dass zwischen 1788 und 1900 bis zu 90% der indigenen Bevölkerung Australiens durch eingeschleppte Krankheiten, Landvertreibungen und gewalttätige Konflikte getötet wurden. Es gab Massenerschießungen, Menschen wurden gruppenweise von Klippen gestürzt oder ihnen wurde mit Arsen oder anderen Stoffen vergiftetes Land angeboten (Behrendt 2012: 274). Nicht nur für George Reid, Politiker der Free Trade Party, der 1903 in einer Wahlansprache sagte: „Wir sollten ein weißes Australien haben“ (1904 wurde er Premierminister). Ein weißes Australien wurde über Jahrhunderte von der Politik als Ziel verfolgt. Auch die Proteste der Aboriginal Bevölkerung gehen weit zurück. 1938 fand ein Schweigemarsch statt, um an die 150 Jahre Landraub und Kolonisierung zu erinnern (creativespirits.info).
Zum Weiterlesen:
*Foley, Gary (1999): ATSIC: Flaws in the Machine. The Koori History Website.
*John Harris (2003): Hiding the Bodies: the myth of the humane colonisation of Australia. In: Aboriginal History Journal. Canberra: Australian Centre for Indigenous History, S. 79-104.
*Larissa Behrendt (2013): Indigenous Australia for Dummies. Canberra: International Journal of Critical Indigenous Studies, S. 53f. (Rezension)
*creativespirits.info: Aboriginal timeline: Protest.
OK
Nun wollen wir in Schiffen über das Meer fahren, da und dort ein junges Deutschland gründen, es mit den Ergebnissen unseres Ringens und Strebens befruchten, die edelsten, gottähnlichsten Kinder zeugen und erziehen: wir wollen es besser machen als die Spanier, denen die neue Welt ein pfäffisches Schlächterhaus, anders als die Engländer, denen sie ein Krämerkasten wurde. Wir wollen es deutsch und herrlich machen […]
Richtig!
Nun wollen wir in Schiffen über das Meer fahren, da und dort ein junges Deutschland gründen, es mit den Ergebnissen unseres Ringens und Strebens befruchten, die edelsten, gottähnlichsten Kinder zeugen und erziehen: wir wollen es besser machen als die Spanier, denen die neue Welt ein pfäffisches Schlächterhaus, anders als die Engländer, denen sie ein Krämerkasten wurde. Wir wollen es deutsch und herrlich machen […]
Jahr:
Autor*inneninfo:
Richard Wagner (1813-1883) war deutscher Komponist, Dichter und Schriftsteller. Das Zitat stammt aus einer Rede vor dem Dresdner Vaterlandsverein am 15.06.1848. Er verfasste unter anderem die antisemitische Schrift „Das Judentum und die Musik“.
Quelle:
Carl Friedrich Glasenapp (1905): Das Leben Richard Wagners in sechs Bänden. 2. Bd. 1843-1853. Leipzig: Breitkopf und Härtel, S. 460.
Kontext:
Schon bevor das deutsche Reich Kolonialmacht wurde, war die Begeisterung für die Kolonisierung nicht nur in den konservativen Kreisen, in denen Richard Wagner verkehrte, groß. Ehe Kanzler Bismarck 1884 die europäischen Großmächte nach Berlin einlud, um den große Teile Afrikas unter sich aufzuteilen, hatte es in Lateinamerika, Afrika und Asien Privatkolonien deutscher Fürst:innen und Händler:innen gegeben. Bereits 1683 wurde im heutigen Ghana eine kurbrandenburgische Kolonie gegründet, eine Festung, die eine wichtige Niederlassung für die deutsche Beteiligung am transatlantischen Versklavungshandel war. Venezuela war von 1528 bis 1558 „Hauskolonie“ des Bankhauses Welser (Augsburg/Nürnberg). Auch andere deutsche Kaufleute waren ebenfalls entweder am Sklavenhandel beteiligt oder profitierten wirtschaftlich von ihm (Potts 1988: 18). Nachdem sich die meisten Kolonien in langen Kämpfen befreiten, lebte Kolonialromantik in Abenteuerromanen und Filmen weiter (z.B,„Jenseits von Afrika“ von 1985). Auch in Reiseberichten junger Menschen aus dem Globalen Norden lassen sich Spuren davon finden (glokal 2013).
Zum Weiterlesen:
*glokal 2013: „Mit kolonialen Grüßen…“ Bericht und Erzählungen von Auslandsaufenthalten rassismuskritisch betrachtet.
*Lydia Potts (1988): Weltmarkt für Arbeitskraft. Hamburg: Junius.
OK
Also sind drei Millionen Menschen in den Jahren zwischen XXXX bis XXXX durch Krieg, Versklavung und in den Bergbauminen ums Leben gekommen. Wer in den zukünftigen Generationen wird das glauben?
Richtig!
Also sind drei Millionen Menschen in den Jahren zwischen XXXX bis XXXX durch Krieg, Versklavung und in den Bergbauminen ums Leben gekommen. Wer in den zukünftigen Generationen wird das glauben?
Jahr:
Autor*inneninfo:
Bartolomé de las Casas (1484-1566) war Mitglied des Dominikanerordens und als Bischof in den spanischen Kolonien in Amerika tätig. Im Disput von Valladolid (1550-1551) zwischen de las Casas und dem „Humanisten“ Juan Ginés de Sepúlveda ging es um die Frage der Legitimität der Versklavung der indigenen Bevölkerung Amerikas. Sepúlveda vertrat die Interessen der spanischen Landbesitzer, de las Casas wies auf die Gewalttaten der Spanier hin. Die fehlenden Jahreszahlen sind 1494 und 1508, also ein Zeitraum von 14 Jahren.
Quelle:
Howard Zinn (1980): The People’s History of The United States. New York: Harper Collins.
Kontext:
In dem ersten Jahrhundert der Besetzung Amerikas verringerte sich die Bevölkerung um ca. 75 Millionen (in einigen Gegenden um 95%) durch eingeschleppte Krankheiten und Mord (Federici 2014: 103f.). Aber schon in den 1560ern gab es Widerstandsbewegungen gegen die Spanier:innen. So waren z.B. Mitglieder der Taki Onqoy-Bewegung (1560-1572), die im heutigen Peru entstand, gegen jede Zusammenarbeit mit den Europäer:innen und stritten für eine Allianz der indigenen Anden-Bevölkerungen, um die Kolonisierung der Europäer:innen zu beenden. Sie lehnten die christliche Religion sowie christliche Namen, Essen oder andere Überbringungen der Spanier:innen ab, zahlten keine Tribute und arbeiteten nicht für die Eroberer:innen (Stern 1982: 50ff.).
Zum Weiterlesen:
*Steven J. Stern (1982): Peru‘s Indian Peoples and the Challenge of Spanish Conquest. Huamanga to 1640. Madison: University of Wisconsin Press, S. 50ff.
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum kritik & utopie.
OK
Warum wollt ihr uns zerstören, die euch mit Essen versorgen? (…) Wir sind unbewaffnet und gewillt das zu geben, nachdem ihr fragt, wenn ihr euch freundlich benehmt. Denn ich bin sind nicht so naiv, dass ich nicht weiß, dass es sehr viel besser ist, gutes Fleisch zu essen, gut zu schlafen, ruhig zu Leben mit meinen Frauen und Kindern, zu lachen und fröhlich zu sein mit den Engländern (…) Ich bestehe darauf, dass die Waffen und Schwerter, die Ursache all unserer Eifersucht und unseres Unbehagens, entfernt und weggeschickt werden.
Richtig!
Warum wollt ihr uns zerstören, die euch mit Essen versorgen? (…) Wir sind unbewaffnet und gewillt das zu geben, nachdem ihr fragt, wenn ihr euch freundlich benehmt. Denn ich bin sind nicht so naiv, dass ich nicht weiß, dass es sehr viel besser ist, gutes Fleisch zu essen, gut zu schlafen, ruhig zu Leben mit meinen Frauen und Kindern, zu lachen und fröhlich zu sein mit den Engländern (…) Ich bestehe darauf, dass die Waffen und Schwerter, die Ursache all unserer Eifersucht und unseres Unbehagens, entfernt und weggeschickt werden.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Chief Powhatan, 1545-1618, eigentlicher Name Wahunsenacawh, Anführer von algonquian-sprechenden Native Americans im heutigen Virginia, wo Ende des 16. Jahrhunderts britische Kolonisierende landeten.
Quelle:
Howard Zinn (1980/2003: 13).
Kontext:
Der Historiker Howard Zinn beschreibt, dass die Native Americas in Virginia den europäischen Siedler:innen anfangs freundlich gesinnt waren, sogar einige Europäer:innen in einer Hungersnot 1610 zu ihnen übersiedelten. Zinn beschreibt allerdings gewalttätige Vergeltungsmaßnahmen seitens der Engländer:innen: „Wenn einer von ihnen [Native Americans] einen kleinen Silberbecher stahl, brannte Grenville [Anführer der Siedler:innen] ein ganzes Dorf nieder“ (Zinn 2003: 12). Die Strategie der Europäer:innen war, so der Historiker Edmund Morgan, die Native Americans auszurotten. Diese kannten sich aber in dem Gebiet besser aus und waren schwierig zu fassen, darum täuschten die Engländer:innen Friedensverhandlungen vor, ließen die Native American siedeln, um dann kurz vor der Ernte so viele wie möglich zu töten und ihr Getreide niederzubrennen (Morgan 2003: 100). Chief Powhatans Bruder Opechancanough führte den Widerstand gegen die Briten:innen an.
Zum Weiterlesen:
*Glen Sean Coulthard (2014): Red Skin, White Masks. Rejecting the Colonial Politics of Recognition. Minneapolis: University of Minnesota Press.
*Edmund S. Morgan (1975/2003): American Slavery, American Freedom. New York: Norton.
*Howard Zinn (1980/2003): A People‘s History of the United States. 1492 – present. New York: Harper Collins.
OK
[Sowohl] die Verbesserung des Gesundheitswesens und damit die einschneidende Senkung der Sterblichkeitsraten (…) als auch die Expansion des Bildungswesens [sind] zwei positive Ausprägungen des Kolonialismus in Afrika. (… ) Außerdem hat sie den sozialen und kulturellen Wandel in der Region beschleunigt. (…) Kolonialherrschaft (…) konnte den Vorrang lokaler sozialer Identitäten – wie den der Familie, der Dorfgemeinschaft, des Clans, der Altersgruppe und der Volksgruppe – vor abstrakteren, allgemeineren Identitäten wie die der Nation nicht beenden.
Richtig!
[Sowohl] die Verbesserung des Gesundheitswesens und damit die einschneidende Senkung der Sterblichkeitsraten (…) als auch die Expansion des Bildungswesens [sind] zwei positive Ausprägungen des Kolonialismus in Afrika. (… ) Außerdem hat sie den sozialen und kulturellen Wandel in der Region beschleunigt. (…) Kolonialherrschaft (…) konnte den Vorrang lokaler sozialer Identitäten – wie den der Familie, der Dorfgemeinschaft, des Clans, der Altersgruppe und der Volksgruppe – vor abstrakteren, allgemeineren Identitäten wie die der Nation nicht beenden.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Dr. Stefan Mair (geb. 1964) ist deutscher Ökonom und wird als Afrikaexperte bezeichnet. Er ist seit 2020 Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit, geschäftsführender Vorsitzender der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI).
Quelle:
Stefan Mair (2005): Ausbreitung des Kolonialismus.
Kontext:
Das Zitat des renommierten „Afrika-Experten“ spiegelt die heutige Wirksamkeit von Kolonialmythen wieder. Den Logiken von Mair könnte man viele Gegenbeispiele gegenüberstellen:
der Senkung der Sterblichkeitsrate im Kolonialismus vers. koloniale Völkermorden (z.B. im heutigen Namibia); dem Aufbau von Infrastruktur im Kolonialismus vers. Nutzung der Infrastruktur für koloniale Ressourcen- und Menschenausbeutung; sozialer und kultureller Wandel vers. Vernichtung von vorher vorhandenen, z.B. nicht-kapitalistischen Gesellschaftsformen bzw. Subsistenzwirtschaft.
Mair beschreibt außerdem, dass die Loyalität zu einer Nation als abstrakte Identität anderen Identität vorzuziehen wäre. Damit werden europäische Konzepte wie ‚Nation‘ unkritisch als Norm vorausgesetzt, ohne die Problematiken dieser Konzepte, z.B. Nationalismus und daraus entstehende Kriege, zu benennen. Die positive Bezugnahme auf „politischen und kulturellen Wandel in der Region“ deuten auf ein positives Verständnis der Kolonisierung als „Zivilisierungsmission“ hin.
Zum Weiterlesen:
*Monitor (2017): G20-Gipfel: Wer profitiert vom „Marshall-Plan“ für Afrika?
*glokal (2016): Sustaining Inequality – The Neocolonial Politics of Development Education, North-South Volunteering and Fair Trade in Germany. In: darkmatter – in the ruins of imperial culture.
OK
Hochedler Bruder und Kapitän Maharero! Wir möchten doch gern hören, was eigentlich deine Gedanken sind über die Absichten Palgraves und sein Ersuchen, uns in ein Bündnis mit ihm zu begeben. Wir haben mit Genugtuung vernommen, dass auch du ganz dagegen warst, dich in ein solchen Bündnis mit ihm einzulassen. Nun sieh, es ist unser fester Entschluss, dass wir unser Land und Volk behalten wollen, es möge gehen, wie es will. (…) Man versucht uns auseinander zu halten.
Richtig!
Hochedler Bruder und Kapitän Maharero! Wir möchten doch gern hören, was eigentlich deine Gedanken sind über die Absichten Palgraves und sein Ersuchen, uns in ein Bündnis mit ihm zu begeben. Wir haben mit Genugtuung vernommen, dass auch du ganz dagegen warst, dich in ein solchen Bündnis mit ihm einzulassen. Nun sieh, es ist unser fester Entschluss, dass wir unser Land und Volk behalten wollen, es möge gehen, wie es will. (…) Man versucht uns auseinander zu halten.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Moses Witbooi oder ǀGâbeb ǃA-ǁîmab (ca. 1807-1888) war ein Nama-Captain im heutigen Namibia. Das Zitat stammt aus einem Brief an den Ovaherero-Captain Maharero ua Tjamuaha.
Quelle:
Heinrich Vedder (1931): Maharero und seine Zeit im Lichte der Dokumente seines Nachlasses. Windhoek: Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für S.W. Afrika. Band V., S. 18.
Kontext:
Die römische Herrschaftsstrategie „teile und herrsche“ wurde in Namibia von den Deutschen angewendet, damit sie keiner vereinigten antikolonialen Armee gegenüberstanden.
Familie Witbooi führte die Nama im Widerstand gegen die deutsche Kolonialmacht an. Die Nama wurden 1893 von den Deutschen angegriffen (Massaker vom Hornkranz) und die meisten Frauen und Kinder niedergemetzelt, während die männlichen Krieger entkamen. Henrik Witbooi, Mooses Sohn, führte danach einen Guerilla-Krieg an. Nach mehreren Versuchen, von denen auch der Briefwechsel zeugt, leisteten Herero und Nama ab 1904 gemeinsam Widerstand. Sie unterlagen der Kolonialmacht und wurden in Lagern interniert, in denen ein Großteil der verbliebenen Nama und Herero umkam. Insgesamt wird geschätzt, dass zwischen 1904 und 1908 im ersten Genozid des 20. Jahrhunderts bis zu 70.000 Nama und Herero starben (Jorgensen & Markusen 1999: 288).
Zum Weiterlesen:
*Reinhard Koesseler (2007): Genocide, Apology and Reparation – the linkage between images of the past in Namibia and Germany.
*is3w (2007): Altlasten – Namibias langer Weg in die Unabhängigkeit.
*Torben Jorgensen & Eric Markusen (1999): The Genocide of the Hereros. In: Israel W. Charny (Hrsg.): Encyclopedia of Genocide. Band 1, S. 288.
OK
Wir dürfen in der Kolonialpolitik nicht einen rein negativen Standpunkt einnehmen, sondern wir müssen eine positive sozialistische Kolonialpolitik treiben. (Publikum: Bravo!) Wir müssen von der utopischen Idee abkommen, die dahin geht, die Kolonien zu verkaufen. Die letzte Konsequenz dieser Anschauung wäre, dass man die Vereinigten Staaten den Indianern zurückgäbe. (Publikum: Unruhe.) Die Kolonien sind da, damit muss man sich abfinden.
Richtig!
Wir dürfen in der Kolonialpolitik nicht einen rein negativen Standpunkt einnehmen, sondern wir müssen eine positive sozialistische Kolonialpolitik treiben. (Publikum: Bravo!) Wir müssen von der utopischen Idee abkommen, die dahin geht, die Kolonien zu verkaufen. Die letzte Konsequenz dieser Anschauung wäre, dass man die Vereinigten Staaten den Indianern zurückgäbe. (Publikum: Unruhe.) Die Kolonien sind da, damit muss man sich abfinden.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Eduard Bernstein (1850-1932) war deutscher Sozialdemokrat und Mitglied der SPD. Das Zitat stammt aus einer Rede auf dem Internationalen Sozialisten-Kongress zu Stuttgart, der vom 18. bis zum 24. August 1907 stattfand.
Quelle:
Zitiert nach Karl Kautsky (1907): Sozialismus und Kolonialpolitik. Berlin: Buchhandlung Vorwärts, S. 6.
Kontext:
Während die katholische Zentrumspartei die Kolonialpolitik geschlossen unterstützte, gab es bei den Sozialist:innen Auseinandersetzungen. Im Gegensatz zu Bernstein vertrat Karl Kautsky die Ansicht, dass Sozialismus und Kolonialpolitik ein Widerspruch in sich seien. Kautsky kritisiert, dass Bernstein ausdrücklich ein Herrschaftsverhältnis rechtfertige (Kautsky 1907: 17): das Recht von Völkern „höherer“ Kultur, Völker „minderer“ Kultur zu bevormunden. Am Ende des Kongresses wurde nur „kapitalistische Kolonialpolitik“ verdammt, da diese unvermeidlich zu „Zwangsarbeit und der Vernichtung der indigenen Völker“ führe, während nur Sozialismus eine „friedliche kulturelle Entwicklung“ ermöglichen könne. Kautsky widerspricht in seiner Publikation der Zivilisierungsmission der Europäer:innen: „Was braucht man an solchen Leuten viel zu erziehen und zu bevormunden?“ (ebd. S. 46).
Zum Weiterlesen:
*Karl Kautsky (1907): Sozialismus und Kolonialpolitik. Berlin: Buchhandlung Vorwärts, S. 6.
OK
Wie Sie alle wissen, war unser Land einmal eine deutsche Kolonie. Die Deutschen begannen zuerst im Jahre XXXX, das Land zu besetzen. Fünfzehn Jahre lang, zwischen XXXX und XXXX, kämpfte mein Volk verzweifelt mit Pfeil und Bogen, mit Speeren und Keulen, mit Messern und rostigen Flinten, um die Deutschen nicht hereinzulassen. (…) In der berühmten Maji-Maji-Rebellion, versuchte es mein Volk ein letztes Mal, die Deutschen zu vertreiben (…). Die Menschen kämpften, weil sie nicht an das Recht des weißen Mannes glaubten, die Schwarzen zu regieren und zu zivilisieren.
Richtig!
Wie Sie alle wissen, war unser Land einmal eine deutsche Kolonie. Die Deutschen begannen zuerst im Jahre XXXX, das Land zu besetzen. Fünfzehn Jahre lang, zwischen XXXX und XXXX, kämpfte mein Volk verzweifelt mit Pfeil und Bogen, mit Speeren und Keulen, mit Messern und rostigen Flinten, um die Deutschen nicht hereinzulassen. (…) In der berühmten Maji-Maji-Rebellion, versuchte es mein Volk ein letztes Mal, die Deutschen zu vertreiben (…). Die Menschen kämpften, weil sie nicht an das Recht des weißen Mannes glaubten, die Schwarzen zu regieren und zu zivilisieren.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Julius K. Nyerere (1922-1999) war der Unabhängigkeitsführer und später erster Präsident Tansanias. Das Zitat stammt aus einer Rede vor der UNO über den Maji-Maji-Krieg 1905-07. Die fehlenden Jahrezahlen sind 1885, nochmal 1885 und 1900.
Quelle:
Julius Nyerere (1966): Freedom and Unity (Uhuru na Umoja). A Selection from Writings and Speeches. 1952-1965. Oxford: Oxford University Press, S. 40 ff.
Kontext:
Nyerere erinnert an die Maji-Maji-Rebellion, die gegen die deutsche Kolonialherrschaft im damaligen Deutsch-Ostafrika stattfand. Sie gilt als einer der größten Kolonialkriege Afrikas und baute auf einer breiten Allianz unterschiedlicher kolonisierter Gruppen auf. Besonders ab den 1950er Jahren kämpften antikoloniale Unabhängigkeitsbewegungen auf dem ganze Kontinent erfolgreich: 1951 wurde mit Libyen die erste afrikanische Kolonie unabhängig, in den folgenden 25 Jahren folgten die meisten afrikanischen Länder. Allerdings wendete der Westen fortan wirtschaftspolitische Unterwerfungsstrategien (Verschuldungs- und Zollpolitik) an: David Budhoo, ehemaliger IWF-Ökonom, schrieb: „Alles, was wir von 1983 an taten, basierte auf unserer neuen Mission, das der Süden ‚privatisiert‘ werden oder sterben müsste; im Hinblick darauf haben wir in den Jahren 1983 bis 1988 schändlicherweise in Lateinamerika und Afrika das totale wirtschaftliche Chaos angerichtet“ (zitiert nach Klein 2010: 239).
Zum Weiterlesen:
*Global Black History (2016): The Maji Maji Revolt in Tanzania 1905-1907.
*Naomi Klein (2010): Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastophen-Kapitalismus. Frankfurt am Main: Fischer.
OK
Alle Mächte, welche in den gedachten Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben, verpflichten sich, die Erhaltung der eingeborenen Bevölkerung und die Verbesserung ihrer sittlichen und materiellen Lebenslage zu überwachen und an der Unterdrückung der Sklaverei und insbesondere des N****handels mitzuwirken; sie werden ohne Unterschied der Nationalität oder des Kultus alle (…) Einrichtungen und Unternehmungen schützen und begünstigen, welche (…) dahin zielen, die Eingeborenen zu unterrichten und ihnen die Vortheile der Civilisation verständlich und werth zu machen.
Richtig!
Alle Mächte, welche in den gedachten Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben, verpflichten sich, die Erhaltung der eingeborenen Bevölkerung und die Verbesserung ihrer sittlichen und materiellen Lebenslage zu überwachen und an der Unterdrückung der Sklaverei und insbesondere des N****handels mitzuwirken; sie werden ohne Unterschied der Nationalität oder des Kultus alle (…) Einrichtungen und Unternehmungen schützen und begünstigen, welche (…) dahin zielen, die Eingeborenen zu unterrichten und ihnen die Vortheile der Civilisation verständlich und werth zu machen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Die Generalakte der Berliner Konferenz von 1885, aus der dieses Zitat stammt, war das Abschlussdokument der mehr als dreimonatigen Zusammenkunft. Teil nahmen das Deutsche Reich, die USA, das Osmanische Reich, Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Portugal, Russland, Spanien und Schweden-Norwegen. Afrikanische Vertreter:innen waren nicht zugegen.
Quelle:
Deutsches Reichsgesetzblatt (1885): Generalakte der Berliner Konferenz. Nr. 23, S. 225
Kontext:
Der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck lud 1884 zur Berliner Konferenz ein, um die Grundlagen für die Aufteilung Afrikas in Kolonien und für den Handel festzulegen. Die in dem Dokument niedergeschriebenen Maßstäbe, die die europäischen Mächte als Schutzmacht für die Afrikaner*innen konstruierten, wurden in allen Kolonien verletzt: Unterdrückung, Gewalt und Willkür waren die koloniale Realität für die Kolonisierten (Zimmerer 2021). Kurz nach der Konferenz war fast der gesamte afrikanische Kontinent unter sieben europäischen Staaten aufgeteilt. 1914 war die Hälfte der Erdoberfläche und ein Drittel der Weltbevölkerung kolonisiert (Bertelsmann Universal-Lexikon 2006: 496).
Bismarck wird in der Geschichtspolitik als „vorsichtiger Kolonialpolitiker“ gehandelt (s. bpb 2015). Allerdings nicht, weil er dagegen war, andere Menschen zu unterwerfen und auszubeuten, sondern weil für ihn die Kosten den Nutzen überstiegen (ebd.).
Zum Weiterlesen:
*Bundeszentrale für politische Bildung (2015): Bismarck und der Kolonialismus.
*Jung & Naiv (29.10.2021): Historiker Jürgen Zimmerer über deutschen Völkermord & Kolonialismus – Folge 538.
OK
Der Kolonisator, der im anderen Menschen ein Tier sieht, nur um sich selber ein ruhiges Gewissen zu verschaffen, dieser Kolonisator wird objektiv dahingebracht, sich selbst in ein Tier zu verwandeln. (…) Man erzählt mir von Fortschritt und geheilten Krankheiten. Ich aber spreche von zertretenen Kulturen, (…) von Tausenden hingeopferten Menschen. (…) Ich spreche von Millionen Menschen, denen man geschickt das Zittern, den Kniefall, die Verzweiflung (…) eingeprägt hat.
Richtig!
Der Kolonisator, der im anderen Menschen ein Tier sieht, nur um sich selber ein ruhiges Gewissen zu verschaffen, dieser Kolonisator wird objektiv dahingebracht, sich selbst in ein Tier zu verwandeln. (…) Man erzählt mir von Fortschritt und geheilten Krankheiten. Ich aber spreche von zertretenen Kulturen, (…) von Tausenden hingeopferten Menschen. (…) Ich spreche von Millionen Menschen, denen man geschickt das Zittern, den Kniefall, die Verzweiflung (…) eingeprägt hat.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Aimé Césaire (1913-2008) war afrokaribisch-französischer Schriftsteller und Politiker, Begründer des Konzepts der Négritude, einer Black-Consciousness-Bewegung, die danach strebte, Schwarze Menschen von kolonialer Herrschaft zu befreien.
Quelle:
Aimé Césaire (1968): Über den Kolonialismus. Berlin: Wagenbach. S. 21-23.
Kontext:
In seiner 1950 entworfenen Rede „Über den Kolonialismus“, aus dem das Zitat stammt, kritisiert Cesaire, dass der Kolonialismus vorgebe, „zivilisieren“ zu wollen, sein wahres Ziel jedoch immer nur die Ausbeutung war (1968: 8). Die Kolonisierten sowie die europäischen Proletarier*innen hätten dies schon längst verstanden (1968: 6). Cesaire baut hier eine problematische Verbindungslinie zwischen Holocaust und kolonialem Genozid, als er schreibt „was er [der europäische Bürger] Hitler nicht verzeiht, [ist] nicht das Verbrechen an sich (…) sondern, dass es das Verbrechen gegen den weißen Menschen ist“ (1968: 12). Als Alternative hat der Wissenschaftler Michael Rothberg das Konzept der multidirektionalen Erinnerungskultur entworfen, die unterschiedliche Gewalterfahrungen nicht in Konkurrenz zueinander stellt.
Zum Weiterlesen:
*Aimé Césaire (1968): Über den Kolonialismus. Berlin: Wagenbach.
*Der Freitag (Felix Alster, 28.05.2020): War doch nicht so schlimm. Im Streit über den Postkolonialisten Achille Mbembe zeigt Deutschland, wie provinziell seine Erinnerungskultur ist.
OK
Ergreift die Bürde des Weißen Mannes –
schickt die Besten aus, die ihr erzieht –
Bannt eure Söhne ins Exil
den Bedürfnissen eurer Gefangenen zu dienen;
in schwerem Geschirre aufzuwarten
verschreckten wilden Leuten –
euren neugefangenen verdrossenen Völkern,
halb Teufel und halb Kind.
Richtig!
Ergreift die Bürde des Weißen Mannes –
schickt die Besten aus, die ihr erzieht –
Bannt eure Söhne ins Exil
den Bedürfnissen eurer Gefangenen zu dienen;
in schwerem Geschirre aufzuwarten
verschreckten wilden Leuten –
euren neugefangenen verdrossenen Völkern,
halb Teufel und halb Kind.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Rudyard Kipling, 1865-1936, war britischer Schriftsteller und Autor des Dschungelbuchs.
Quelle:
Rudyard Kipling (1899): „The White Man’s Burden“, Ersterscheinung im McClure’s Magazine vom 12.02.1899.
Kontext:
„Die Bürde des weißen Mannes“ drückt das koloniale Sendungsbewusstsein aus, das nicht erst Ende des 19. Jahrhunderts entstand, als Kipling das Gedicht schrieb. Europäische Kolonisation und christliche Mission wurden schon seit Jahrhunderten als Zivilisationsmissionen gerechtfertigt (Teno 2004). Kurz nachdem Kipling sein Werk veröffentlichte, erschien eine Satire darauf, ein Gedicht namens „The Brown Man’s Burden“ des Briten Henry du Pré Labouchère, in dem er schrieb, dass Kolonialismus keine Zivilisierungsmission ist und keinen positiven Einfluss auf das Leben der Kolonisierten habe, sondern imperialistische Dominierung von Anderen ist: „Der Verlust der braunen Mannes impliziert immer den Gewinn des weißen Mannes. (…) Lass alle deine Manifeste vor Menschenfreundlichkeit stinken. Und wenn er [the brown man] mit heidnischer Torheit es wagt, dies zu bestreiten. Dann im Namen der Freiheit, zögere nicht zu schießen.“
Zum Weiterlesen:
*Bausteine für eine nicht-rassistische Bildungsarbeit (2008): Die Bürde des weißen Mannes.
*Teno, Jean Marie (2004): „Gehet hin in alle Welt …“ Die deutsche Mission in Afrika. Dokumentarfilm. Frankreich/ Deutschland.
*Henry Labouchère (1899): The Brown Man’s Burden. London: Truth.
OK
Ich wurde bald unter die Decks gebracht und dort empfing meine Nase eine Begrüßung, die ich noch nie in meinem Leben erlebt hatte: mit der Abscheulichkeit des Gestanks und weinend, erbrach ich mich und wurde so krank, dass ich nicht in der Lage war zu essen (…). Ich wünschte mir jetzt den letzten Freund, den Tod, um mich zu entlasten. Aber bald, zu meiner Trauer, boten mir zwei von den weißen Männer Essen an. Auf meine Weigerung zu essen, hielt mich einer von ihnen an den Händen und legte mich hinüber zur Ankerwinde, band meine Füße fest, während der andere mich hart auspeitschte.
Richtig!
Ich wurde bald unter die Decks gebracht und dort empfing meine Nase eine Begrüßung, die ich noch nie in meinem Leben erlebt hatte: mit der Abscheulichkeit des Gestanks und weinend, erbrach ich mich und wurde so krank, dass ich nicht in der Lage war zu essen (…). Ich wünschte mir jetzt den letzten Freund, den Tod, um mich zu entlasten. Aber bald, zu meiner Trauer, boten mir zwei von den weißen Männer Essen an. Auf meine Weigerung zu essen, hielt mich einer von ihnen an den Händen und legte mich hinüber zur Ankerwinde, band meine Füße fest, während der andere mich hart auspeitschte.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Olaudah Equiano oder Gustavus Vassa (1745-1797) wurde laut seiner Autobiographie von europäischen Sklavenhändlern mit seiner Schwester im heutigen Nigeria gefangen genommen und in die Amerikas entführt. Nach mehreren Besitzerwechseln lernte er lesen, schreiben und handeln, sodass er sich selbst mit dem von ihm verdienten Geld freikaufen konnte. Er schrieb seine Autobiographie, in der er die Grausamkeit der Sklaverei beschrieb und wurde Aktivist in der Anti-Sklaverei-Bewegung.
Quelle:
Olaudah Equiano (1789): The Interesting Narrative of the Life of Olaudah Equiano, or Gustavus Vassa, the African.
Kontext:
Der vom späten 15. bis Mitte des 19. Jahrhunderts existierende transatlantische Versklavungshandel sowie die Plantagenwirtschaft wird als eine Bedingung für den wirtschaftlichen Aufschwung Europas sowie für die Armut Afrikas gesehen. Der guayanische marxistische Historiker Walter Rodney schreibt: „Westeuropa ist durch Afrika entwickelt worden, genau wie Afrika von Westeuropa unterentwickelt wurde“ (Rodney 1972/2012: 75). Mehr als 12 Millionen Afrikaner:innen wurden in die Amerikas transportiert (Ronald Segal 1995: 4 und David Eltis & David Richards: 2010). Ein Fünftel der Versklavten starb bei der Überfahrt. In den Amerikas wurden sie gezwungen, u.a. auf Zucker-, Tabak- und Baumwollplantagen zu arbeiten. Peter Linebaugh und Marcus Rediker beschreiben, wie afrikanische Versklavte, europäische Proletarier:innen, karibische und nordamerikanische Native Americans zusammen eine hybride Widerstandskultur gegen die Gewalt des sich entfaltenden Kapitalismus bildeten (2008: 190ff.).
Zum Weiterlesen:
*Walter Rodney (1975/2012): How Europe underdeveloped Afrika. Cape Town: Pambazuka Press.
*Peter Linebaugh & Marcus Rediker (2008): Die vielköpfige Hydra. Die verborgene Geschichte des revolutionären Atlantik. Berlin: Assoziation A.
*Webseite Slave Voyages
OK
§2 (1) In den deutschen Kolonien sind Eheschließungen Deutscher oder Fremder mit: 1. Eingeborenen, 2. Angehörigen aus den nichtdeutschen Gebieten Afrikas, Australiens und der Südseeinseln, 3. Mischlinge[n] mit Eingeborenenbluteinschlag oder mit Bluteinschlag einer der unter Nr. 2 aufgeführten Völkerschaften, 4. Mischlinge[n] aus Verbindungen von Angehörigen der unter Nr. 1 bis 3 genannten Bevölkerungsteile verboten.
(…)
§ 6 Angehörige der in § 2 Nr. 1 bis 4 genannten Bevölkerungsteile, die in den deutschen Kolonien mit einer weißen Frau geschlechtlich verkehren, werden mit dem Tode bestraft.
Richtig!
§2 (1) In den deutschen Kolonien sind Eheschließungen Deutscher oder Fremder mit: 1. Eingeborenen, 2. Angehörigen aus den nichtdeutschen Gebieten Afrikas, Australiens und der Südseeinseln, 3. Mischlinge[n] mit Eingeborenenbluteinschlag oder mit Bluteinschlag einer der unter Nr. 2 aufgeführten Völkerschaften, 4. Mischlinge[n] aus Verbindungen von Angehörigen der unter Nr. 1 bis 3 genannten Bevölkerungsteile verboten.
(…)
§ 6 Angehörige der in § 2 Nr. 1 bis 4 genannten Bevölkerungsteile, die in den deutschen Kolonien mit einer weißen Frau geschlechtlich verkehren, werden mit dem Tode bestraft.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Der Text stammt aus dem Entwurf des Kolonialblutschutzgesetzes der deutschen Nationalsozialist:innen (undatiert, ca. 1940), Bundesarchiv- Koblenz, R 22/2365.
Quelle:
Kum’a Ndumbe III. (1993): Was wollte Hitler in Afrika? NS-Planungen für eine faschistische Neugestaltung Afrikas. Frankfurt: IKO, S. 270f.
Kontext:
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden dem Deutschen Reich im Vertrag von Versailles alle Kolonien aberkannt. Aufgrund von „grausamen Unterdrückungen“ und „Zwangsarbeit“ habe Deutschland „auf dem Gebiet der kolonialen Zivilisation“ versagt (Gründer 2012: 258). Obwohl Hitler erst „Lebensraum im Osten“ erobern wollte, gab es immer auch Kolonialbestrebungen in Asien und Afrika, besonders ab Ende 1937. Interessen an kolonialer Eroberung gab es besonders „im Auswärtigen Amt, in der Kriegsmarine und nicht zuletzt in den Privatfirmen, an vorderster Front die Berliner und hanseatischen Schifffahrts- und Handelsgesellschaften, aber auch [bei der] Deutsche[n] Bank“ (Linne 2008). Im Dezember 1940 teilten die Achsenmächte die Welt unter sich auf: „Deutschland und Italien sollten das ‚benachbarte‘ Afrika und den Nahen sowie Mittleren Osten beherrschen, Japan wurde Südostasien und Ozeanien überlassen“ (Rheinisches JouralistInnenbüro & recherche international 2008: 43).
Zum Weiterlesen:
*Rheinisches JournalistInnenbüro (2008): URL: Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Unterrichtsmaterialien zu einem vergessenen Kapitel der Geschichte.
*Karsten Linne im Interview (2008): Die NS-Kolonialplanungen für Afrika.
*Horst Gründer (2012): Geschichte der deutschen Kolonien. Paderborn: Schöningh.
OK
Art. 3. Es können keine Sklaven auf diesem Territorium existieren, Gefügsamkeit ist hiermit für immer abgeschafft. Alle Menschen sind frei geboren, leben und sterben in Freiheit.
Art. 4. Alle Menschen, ungeachtet ihrer Farbe, sind für alle Berufe zugelassen.
Art. 5. Es gibt keine Unterschiede, außer der Tugend und Talent, oder andere Hoheitsrechte, die vom Gesetz her in öffentlicher Funktion ausgeführt werden.
Diese Gesetze sind für alle gleich, ob als Bestrafung oder als Schutz.
Richtig!
Art. 3. Es können keine Sklaven auf diesem Territorium existieren, Gefügsamkeit ist hiermit für immer abgeschafft. Alle Menschen sind frei geboren, leben und sterben in Freiheit.
Art. 4. Alle Menschen, ungeachtet ihrer Farbe, sind für alle Berufe zugelassen.
Art. 5. Es gibt keine Unterschiede, außer der Tugend und Talent, oder andere Hoheitsrechte, die vom Gesetz her in öffentlicher Funktion ausgeführt werden.
Diese Gesetze sind für alle gleich, ob als Bestrafung oder als Schutz.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Toussaint Louverture (1743-1803) war ehemals versklavter Haitianer und führte den Widerstand gegen Frankreich an. Der Text stammt aus einem Brief Louvertures an Napoleon, dem er diesen Verfassungstext beifügte.
Quelle:
Aus der Verfassung Haitis von 1801
Kontext:
Es begann 1791 mit einem Aufstand von 50.000 Menschen: Mehrheitlich versklavte Haitianer:innen kämpften für ihre Unabhängigkeit von Frankreich. 1794 wurde die Sklaverei abgeschafft. Nach einem mehrjährigen Unabhängigkeitskrieg drohte Napoleon mit der Wiedereinführung der Sklaverei. Doch die Haitianer:innen gewannen und wurden 1804 als erster lateinamerikanischer Staat unabhängig. Allerdings boykottierte ein Zusammenschluss europäischer Staaten und den USA Haiti. Da der Wohlstand der Kolonialstaaten auf der Plantagenwirtschaft und damit auf dem Prinzip der Sklaverei begründet war, befürchteten sie, dass die haitianische Revolution auch andere Unterdrückte inspirieren könnte. Somit wurde Haiti außenpolitisch in die Isolation gedrängt und der neue Staat musste riesige Entschädigungszahlungen an die ehemaligen Sklavenbesitzer:innen zahlen. Frankreich verlangte als Gegenleistung für die Anerkennung Haitis als unabhängiger Staat 1825 eine Entschädigungssumme von 150 Millionen Francs. Erst 1883 konnte Haiti diesen Betrag mithilfe von Krediten endgültig abbezahlen (Ziegler 2010). Die hohe Staatsverschuldung direkt nach der Unabhängigkeit wird vielfach als der Beginn der wirtschaftlichen Außenabhängigkeit Haitis gesehen. Auf der Weltkonferenz gegen Rassismus 2001 forderte Haiti dafür von Frankreich Entschädigungen.
Zum Weiterlesen:
*Projekt in Haiti und der Domenikanischen Republik, wo Jugendliche Geschichte der Sklaverei aufarbeiten.
*Jean Ziegler (2010): Haiti und der Hass auf den Westen. In Blätter für deutsche und internationale Politik.
OK
Wir verkünden und erklären hiermit feierlich im Namen und durch Autorität des Volkes dieser philippinischen Inseln, (…) dass sie frei sind (…); dass sie keinerlei Treue mehr zur Krone von Spanien haben; dass alle politischen Bindungen zwischen ihnen vollständig getrennt und annulliert werden sollten; und dass sie, wie andere freie und unabhängige Staaten, die volle Macht genießen, Krieg zu führen und Frieden zu schließen, Handelsverträge abzuschließen, Bündnisse einzugehen, den Handel zu regeln und alle anderen Handlungen und Dinge zu tun, zu denen ein unabhängiger Staat ein Recht hat.
Richtig!
Wir verkünden und erklären hiermit feierlich im Namen und durch Autorität des Volkes dieser philippinischen Inseln, (…) dass sie frei sind (…); dass sie keinerlei Treue mehr zur Krone von Spanien haben; dass alle politischen Bindungen zwischen ihnen vollständig getrennt und annulliert werden sollten; und dass sie, wie andere freie und unabhängige Staaten, die volle Macht genießen, Krieg zu führen und Frieden zu schließen, Handelsverträge abzuschließen, Bündnisse einzugehen, den Handel zu regeln und alle anderen Handlungen und Dinge zu tun, zu denen ein unabhängiger Staat ein Recht hat.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Aus der Unabhängigkeitserklärung der Philippinen.
Quelle:
Ambrosio Rianzares Bautista (1898): Declaration of Independence.
Kontext:
Die Philippinen waren ab 1571 eine spanische Kolonie, bis sie nach antikolonialen Befreiungskämpfen 1898 die Unabhängigkeit ausriefen. Nun allerdings wollten die USA sich die Inseln einverleiben. Im Philippinisch-Amerikanischen Krieg von 1899 bis 1902 verlor ein Fünftel der Bevölkerung ihr Leben. Danach wurden die Inseln eine US-amerikansche Kolonie, bis sie 1942 von japanischen Truppen besetzt wurden. Es bildete sich die linksgerichtete anti-japanische Volksbefreiungsarmee, eine Partisanenbewegung aus 30.000 Kämpfer:innen und 70.000 Reservist:innen. Sie kollaborierten mit den USA gegen die Japaner, waren aber gegen die US-amerikanische Kolonialherrschaft. Schriftsteller Ricardo Trota Jose zufolge waren 80% der Filippin@s im Widerstand oder haben ihn unterstützt: „Eine Million Filipinos kämpften in verschiedenen Guerilla-Bewegungen“ (RJB & recherche international 2008: 132). 1946 erlangten die Philippinen zwar ihre Unabhängigkeit, es wurde aber eine US-freundliche Regierung installiert. Erst 1990 unter Präsidentin Corazon Aquino wurden die Widerstandskämpfer:innen als solche anerkannt (ebd.: 100f.).
Zum Weiterlesen:
*Rheinisches JournalistInnenbüro & recherche international (2008): Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Unterrichtsmaterialien zu einem vergessenen Kapitel der Geschichte. Köln.
OK
Die Piru-Indianer glaubten gewöhnlich, dass die Seelen nach diesem Leben weiterlebten (…). Zu diesem Zweck legten sie ihren Nachkommen Kleider an und brachten Opfer dar. (…) So töteten sie an dem Tag, an dem sie starben, die Frauen, die ihnen gefallen hatten, und Diener und Beamte, damit sie ihnen im anderen Leben dienen würden. (…) Der gleiche Aberglaube und die Unmenschlichkeit, Männer und Frauen für die Begleitung und den Dienst der Verstorbenen im Jenseits zu töten, haben andere barbarische Nationen benutzt und benutzen sie noch immer.
Richtig!
Die Piru-Indianer glaubten gewöhnlich, dass die Seelen nach diesem Leben weiterlebten (…). Zu diesem Zweck legten sie ihren Nachkommen Kleider an und brachten Opfer dar. (…) So töteten sie an dem Tag, an dem sie starben, die Frauen, die ihnen gefallen hatten, und Diener und Beamte, damit sie ihnen im anderen Leben dienen würden. (…) Der gleiche Aberglaube und die Unmenschlichkeit, Männer und Frauen für die Begleitung und den Dienst der Verstorbenen im Jenseits zu töten, haben andere barbarische Nationen benutzt und benutzen sie noch immer.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Padre José de Acosta (ca. 1539-1600) war spanischer Jesuit. Nachdem er in Spanien an der Universität gelehrt hatte, reiste er 1570 als Missionar in die Amerikas. Er ist Verfasser von „Historia natural y moral de las Indias“, aus dem das Zitat stammt.
Quelle:
Padre Joseph de Acosta (1589): Historia Natural y Moral de las Indias. Sevilla: Casa de Juan de Leon, S. 26.
Kontext:
Mit der Bezeichnung der indigenen Bevölkerung der Amerikas als bestialisch, kannibalistisch, als Teufelsanbeter:innen etc. rechtfertigten die Spanier:innen ihr Eroberungen. So konnten sie ihre Jagd nach Gold und Silber als Zivilisierungsmission tarnen (Federici 2014: 267). Diese Erzählungen, u.a. von de Acosta weitergeführt, halfen der spanischen Krone, um vom Papst 1508 die komplette Autorität über die Amerikas zugesprochen zu bekommen und rechtfertigten Unterwerfung, Versklavung, Vergewaltigung, Folter und Vernichtung. Einige vorkoloniale Gesellschaften in den Amerikas brachten tatsächlich massenhaft Menschenopfer. Allerdings standen diese in keinem Verhältnis zu der fast vollständigen Vernichtung der indigenen Bevölkerung durch die Spanier:innen, die u.a. der Dominikanermönch Bartolomé de las Casas beschreibt. Laut dem Cortez kamen 1521 bei der Eroberung der aztekitschen Stadt Tenochtitlan 100.000 Menschen ums Leben (ebd.: 269).
Zum Weiterlesen:
*James Cockcroft (1983): Mexico: Class Formation, Capital Accumulation and the State. New York: Monthly Review Press, S. 19
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum kritik & utopie, S. 267ff.
*Teno, Jean Marie (2004): „Gehet hin in alle Welt …“ Die deutsche Mission in Afrika. Dokumentarfilm. Frankreich/ Deutschland.
OK
Ich bin wütend auf die Priester und all diejenigen, die zu dieser Mission gehören. Denn wir leben hier auf meinem Land. Ich hasse sie, weil sie in das Land meiner Vorfahren eindringen und unsere Stammesgebiete ausplündern. (…) Ich bin [zur Missionsstation] gekommen, um die dreckigen Feiglinge zum Kampf zu inspirieren und um nicht den Mut zu verlieren beim Anblick der spanischen Stöcke, die Feuer und Tod spucken, und nicht zu würgen beim üblen Geruch von Pistolenrauch – um fertig zu werden mit den weißen Eindringlingen!
Richtig!
Ich bin wütend auf die Priester und all diejenigen, die zu dieser Mission gehören. Denn wir leben hier auf meinem Land. Ich hasse sie, weil sie in das Land meiner Vorfahren eindringen und unsere Stammesgebiete ausplündern. (…) Ich bin [zur Missionsstation] gekommen, um die dreckigen Feiglinge zum Kampf zu inspirieren und um nicht den Mut zu verlieren beim Anblick der spanischen Stöcke, die Feuer und Tod spucken, und nicht zu würgen beim üblen Geruch von Pistolenrauch – um fertig zu werden mit den weißen Eindringlingen!
Jahr:
Autor*inneninfo:
Toypurina, 1760-1799, war eine Tongva/Gabrieliño-Medizinerin und Anführerin eines Aufstandes gegen spanische Missionare im heutigen Kalifornien.
Quelle:
Thomas Workman Temple II (1958): Toypurina the Witch and the Indian Uprising at San Gabriel,’’ Masterkey 32, no. 5: 136–52.
Kontext:
Toypurina führte eine Rebellion gegen die San Gabriel Mission in Kalifornien an. Die Missionare unter Junipero Serra waren die Vorreiter der spanischen Kolonisation Kaliforniens. Serra wurde 2015 heilig gesprochen. In allen Regionen der Amerikas wurden indigene Menschen ihres Landes beraubt, von europäischen Kolonisator:innen oder – nach der Unabhängkeit – von der nicht-indigenen Elite der Länder. In Argentinien, das fast achtmal so groß ist wie Deutschland, war die südliche Hälfte des Landes bis Ende des 19. Jahrhunderts unabhängiges indigenes Territorium. 1878-1880 wurde die brutale Militäraktion ‚Campaña al Desierto‘ durchgeführt. Nach dem Ausverkauf und der Privatisierung des Landes sind heute nur noch 12.500 Hektar des Territoriums übrig (1 ha ≈ 1 Fußballfeld). Der größte Landbesitzer ist seit der Landprivatisierungskampagne unter dem neoliberalen Präsidenten Carlos Menem in den 1990er Jahren der italienische Modekonzern Benetton. Ein Gesetz, das 2011 von der Cristina-Kirchner-Regierung (2007-2015) verabschiedet worden war, um den Landverkauf an ausländische Unternehmen – nicht aber an argentinische – zu unterbinden, wurde von Präsident Mauricio Macri (2015-2019) wieder rückgängig gemacht.
Zum Weiterlesen:
*Suppressed Histories: The holy woman Toypurina
*Indian Country Today Media Network: Junipero Serra as Indian Killer
*Petition: Urge Pope Francis to abandon the canonization of Junipero Serra *Eduardo Galeano (2004): Die offenen Adern Lateinamerikas. Wuppertal: Peter Hammer.
OK
England hat in Indien eine doppelte Mission zu erfüllen: eine zerstörende und eine erneuernde – die Zerstörung der alten asiatischen Gesellschaftsordnung und die Schaffung der materiellen Grundlagen einer westlichen Gesellschaftsordnung in Asien. Die Araber, Türken, Tataren, Moguln, die Indien nacheinander überrannten, wurden rasch hinduisiert (…). Die britischen Eroberer waren die ersten, die auf einer höheren Entwicklungsstufe standen und daher der Hindu-Zivilisation unzugänglich waren.
Richtig!
England hat in Indien eine doppelte Mission zu erfüllen: eine zerstörende und eine erneuernde – die Zerstörung der alten asiatischen Gesellschaftsordnung und die Schaffung der materiellen Grundlagen einer westlichen Gesellschaftsordnung in Asien. Die Araber, Türken, Tataren, Moguln, die Indien nacheinander überrannten, wurden rasch hinduisiert (…). Die britischen Eroberer waren die ersten, die auf einer höheren Entwicklungsstufe standen und daher der Hindu-Zivilisation unzugänglich waren.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Karl Marx (1818-1883) war deutscher Philosoph, Ökonom und Journalist und Mitbegründert der Ersten Internationale (Internationale Arbeiter-Assoziation). Sein Hauptwerk „Das Kapital“ ist eines der wichtigsten Bücher der internationalen Arbeiter:innenbewegung.
Quelle:
Karl Marx & Friedrich Engels (1960): Werke. Band 9. Berlin/DDR: Dietz, S. 221.
Kontext:
Auch Karl Marx, der für der Befreiung und Ermächtigung des europäischen Proletariats kämpfte, war der europäischen Überlegenheitsideologie erlegen. Nichtsdestotrotz inspirierten die Ideen und Theorien von Karl Marx Bewegungen in Asien, Afrika, Europa und Lateinamerika, koloniale Beherrschung oder Klassenherrschaft abzuwerfen. Noch während des Ersten Weltkriegs (angefangen mit der russischen Oktoberrevolution 1917) waren sie hier auch erfolgreich. Allerdings waren die neu erschaffenen Systeme keineswegs frei von Herrschaft. Auch in England, Spanien, Italien und Deutschland gab es kommunistische Massenbewegungen, in Bremen, Leipzig und München kurzzeitig auch Räterepubliken. In den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt beriefen sich viele Theoretiker:innen und Aktivist:innen auf Marx, z.B. Walter Rodney aus Guayana oder die Politiker Fidel Castro in Kuba und Kwame Nkrumah in Ghana. Auch in Indien gab es eine starke marxistische Bewegung. Noch heute berufen sich Intellektuelle auf den Marxismus, z.B. der Historiker Vijay Prashad (Autor von The Darker Nations: A People’s History of the Third World (2007)). Auch die Literaturwissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak steht für eine Neuinterpretation von Marxismus.
Zum Weiterlesen:
*Vijay Prashad (2007): The Darker Nations. A People‘s History of the Third World. New York: The New Press.
*Bernd-Stefan Grewe & Thomas Lange (2015): Kolonialismus. Suttgart: Reclam.
OK
Ja, meine Sünde – eine meiner größeren Sünden und vielleicht meine größte Sünde ist, dass ich Irans Ölindustrie verstaatlicht habe, das System politischer und wirtschaftlicher Ausbeutung durch das größte Imperium der Welt beendete. Das auf Kosten meiner selbst, meiner Familie; und auf die Gefahr, mein Leben, meine Ehre und mein Eigentum zu verlieren. Mit Gottes Segen und dem Willen des Volkes kämpfte ich gegen dieses wilde und schreckliche System der internationalen Spionage und des Kolonialismus.
Richtig!
Ja, meine Sünde – eine meiner größeren Sünden und vielleicht meine größte Sünde ist, dass ich Irans Ölindustrie verstaatlicht habe, das System politischer und wirtschaftlicher Ausbeutung durch das größte Imperium der Welt beendete. Das auf Kosten meiner selbst, meiner Familie; und auf die Gefahr, mein Leben, meine Ehre und mein Eigentum zu verlieren. Mit Gottes Segen und dem Willen des Volkes kämpfte ich gegen dieses wilde und schreckliche System der internationalen Spionage und des Kolonialismus.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Mohammad Mossadegh (1882-1967) war iranischer Anwalt, Politiker und erster Premierminister des unabhängigen Iran. Das Zitat stammt aus seiner Rede vor Gericht 1953, in der er sich gegen die Anklage von Hochverrat verteidigte.
Quelle:
Kontext:
Im Zuge der antikolonialen Bewegungen wurde Mohammad Mossadegh 1951 erster demokratisch gewählter Premierminister des Iran. Er wurde vom US-amerikanischen Time Magazin im gleichen Jahr zum Mann des Jahres gewählt, denn er hatte als seine erste Amtshandlung die britisch kontrollierte Ölförderung verstaatlicht. Allerdings kam in den USA 1952 Dwight D. Eisenhower an die Macht, der einen stark antikommunistischen Kurs fuhr und jede Form von Verstaatlichung verdammte. Bereits zuvor war in der CIA besprochen worden, dass nur mit einem „neuen Premier“ die Situation im Iran „gerettet werden könne“ (Akte Foreign Relations of the United States 1951: 87). Ab 1953 wiegelte die CIA im Iran die Führungselite gegen Mossadegh auf und bestach die Bevölkerung mit Geld, was 2017 veröffentlichte Akten belegen (Deutsche Welle 2017). Auch in Lateinamerika (z.B. Chile 1973, Allende vs. Pinochet), Afrika (z.B. 1961 im Kongo, Lumumba vs. Mobuto) oder in Asien (z.B.1967 in Indonesien, Sukarno vs. Suharto) waren die USA in den Umsturz von Regierungen, die aus sozialistischem oder antikolonialen Bewegungen entstanden waren, involviert.
Zum Weiterlesen:
*Deutsche Welle (2017): 1953: Irans gestohlene Demokratie.
*Foreign Relations of the United States (1951-1954).
*Bundeszentrale für politische Bildung (2013): Zwischen Kolonialismus und Nationenbildung.
OK
Wir werden die Verhältnisse einer über 500-jährigen kolonialen Realität nicht weiter dulden. Dies gilt für sämtliche aktuelle Diskurse und Praktiken, für Theorien, für Debatten und die Arbeitspraxis. Wir werden uns nicht länger von staatlichen und nichtstaatlichen Vertreter:innen, von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Akteur:innen, von etablierten oder eben erst in Erscheinung getretenen Förder:innen unsere Perspektive auf das Feld Migration und Entwicklung diktieren lassen.
Richtig!
Wir werden die Verhältnisse einer über 500-jährigen kolonialen Realität nicht weiter dulden. Dies gilt für sämtliche aktuelle Diskurse und Praktiken, für Theorien, für Debatten und die Arbeitspraxis. Wir werden uns nicht länger von staatlichen und nichtstaatlichen Vertreter:innen, von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Akteur:innen, von etablierten oder eben erst in Erscheinung getretenen Förder:innen unsere Perspektive auf das Feld Migration und Entwicklung diktieren lassen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Lucía Muriel ist Psychologin, Aktivistin und Nertzwerkerin in Berlin, die sich dafür einsetzt, dass globale Gerechtigkeit rassismuskritisch und dekolonial verstanden wird.
Quelle:
move global (2017): Versuch eines Paradigmenwechsels, S. 17.
Kontext:
Die koloniale Definitionsmacht über Schwarze und weiße Diskurse, Politiken, Kultur sowie Körper kritisierte schon der Psychiater Frantz Fanon (1925-1961), der auf unterschiedlichen Ebenen für die Dekolonisierung eintrat. Dekolonisierung bedeutet, koloniale Muster zu erkennen, infrage zu stellen und zu überkommen. Sie bezieht sich nicht nur auf die Unabhängigkeit vormals kolonisierter Staaten, sondern auch auf gesellschaftliche, kulturelle und individuelle Dimensionen von Kolonisierung, z.B. sich als Migrant*in von der Mehrheitsgesellschaft nicht vorschreiben zu lassen, was Migration bedeutet, wie Lucía Muriel in dem Zitat deutlich macht. Dekolonisierung bedeutet Empowerment und die Befreiung von Herrschaft.
Zum Weiterlesen:
*Ismahan Wayah (2017): Wir schreiben Geschichte. In: glokal: Connecting the Dots. Lernen aus Geschichte(n) zu Unterdrückung und Widerstand. S. 10.
*Raykamal Kahlon (2017): Du hast gesagt, es würde nicht wehtun. Verkörperte Pädagogik. In: glokal: Connecting the Dots. Lernen aus Geschichte(n) zu Unterdrückung und Widerstand. S. 82.
OK
Ich werde sterben. Aber ich werde zurückkommen und Millionen sein.
Richtig!
Ich werde sterben. Aber ich werde zurückkommen und Millionen sein.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Tupac Katari (1750-1781) war ein Aymara-Anführer in der Rebellion gegen die spanischen Kolonisatoren im heutigen Bolivien. Er hatte die Namen von früheren Widerstandkämpfern (Tomás Katari und Túpac Amaru) übernommen, die von den Spaniern 1572 umgebracht worden waren.
Quelle:
Zitiert nach Thomas Guthmann (2017): Körper im Zeichen des Zeitstrahls. In glokal: Connecting the Dots. Lernen aus Geschichte(n) zu Unterdrückung und Widerstand, S. 98
Kontext:
Tupac Katari versammelte eine Armee von 40.000 Kämpfer:innen und belagerte La Paz. Seine Frau Bartolina Sisa hatte die Befehlsgewalt über die Belagerung und spielte nach der Festnahme Kataris eine wichtige Rolle. Als in fast allen lateinamerikanischen Ländern im 19. Jahrhundert der europäische Kolonialismus erfolgreich abgeworfen wurde, bedeutete das jedoch nicht, dass sich freie und gleiche Gesellschaften entwickeln konnten. Denn das formale Ende des europäischen Kolonialismus‘ bedeutete nicht das Ende der Herrschaftsverhältnisse. Neue Hierarchien wurden geschaffen, die Verteilung von Reichtum in vielen Ländern ist an Klasse, „Rasse“ und Geschlecht gebunden. Anibal Quijano argumentiert, dass der globale Kapitalismus den Kolonialismus als Herrschaftssystem ablöste und die Hauptprofiteur:innen dieses Systems noch immer die Europäer:innen und ihre Nachkommen in anderen Ländern sind (Quijano 2007: 168). Tupac Kataris Ausspruch wurde 2003 wieder aufgegriffen, als sich die Bevölkerung von Bolivien dem Ausverkauf des Erdgases widersetzte. „Als der neoliberale Präsident Sanchez de Lozada aus dem Präsidentenamt vertrieben wurde, hallte der Spruch durch die Straßen El Altos“ (Guthmann 2017: 98). Auch der ehemalige bolivianische Präsident Evo Morales sieht sich in Tupac Kataris Widerstandstradition (Morales Antrittsrede dokumentiert in New York Times, 23.01.2006).
Zum Weiterlesen:
*Thomas Guthmann (2017): Körper im Zeichen des Zeitstrahls. In glokal: Connecting the Dots. Lernen aus Geschichte(n) zu Unterdrückung und Widerstand.
*Anibal Quihano (2007): Coloniality and Modernity/Rationality, Cultural Studies 21 (2-3); 168-178.
**The New York Times (23.01.2006): “Bolivia Indians Hail the Swearing In of One of Their Own as President.”
OK
1500
to 1600
to 1700
to 1800
to 1850
to 1900
to 1925
to 1950
to 1975
to 1990
to 2000
to 2010
2011