Prof. Ranabir Samaddar ist Direktor der Calcutta-Research-Group und forscht zu Migration und Flucht, zu Theorie und Praxis des Dialogs, Nationalismus und postkolonialer Staatlichkeit in Südasien sowie zu neuen Regimes von technologischer Umstrukturierung und Arbeitskontrolle.
Thema der Zitate: Migration und Flucht
Migration, Mobilität und Flucht stellen Kategorien und Konzepte dar, die seit dem 20. Jahrhundert die dauerhafte, zeitweise, freiwillige oder erzwungene Mobilität von sozialen Gruppen, Individuen und Arbeitskräften bezeichnen. Wir unterscheiden zwischen der transnationalen Migration und der Binnenmigration, wo Migrant*innen im selben Nationalstaat verbleiben. Letztere stellen bei weitem noch den quantitativ größten Teil der Migration global dar. Die Bewegung weg vom angestammten Wohn- und Siedlungsraum hin zu einem neuen Lebensmittelpunkt ist Teil der Menschheitsgeschichte. Vor der Mittelsteinzeit waren Menschen dauerhafte Migrant*innen. Bereits im Alten Testament wird Flucht und Migration beschrieben. Menschen wurden erst vor ca. 12.000 überhaupt sesshaft. Die Kategorie der Migration würde dennoch nicht für die Mittelsteinzeit angewendet. Erst die staatliche Regulation von Migration und die entsprechenden modernen gesellschaftlichen Normierungen und die Herausbildung der Kolonialregime haben das moderne Verständnis von Migration erschaffen. Migration ist innerhalb des internationalen Staatenssytems und der globalen Arbeitsteilung zu einer umkämpften sozialen Praxis geworden und stellt selber ein gesellschaftliches Verhältnis dar, das sich zwischen der Autonomie von Migrant*innen und der nationalstaatlichen Regulation bewegt. Im Zeitstrahl zum Thema Migration und Flucht verfolgen wir die Fragen:
*Aus welchen Motiven entschlossen sich Menschen zu migrieren?
*Welche Gründe sind die häufigsten Auslöser für Migrationen?
*Was für Folgen hatten Migrationen für Migrierende?
*Welche Folgen hatte Migration für die Aufnahmegesellschaften?
*Wie ist Migration mit Herkunft aus Globalem Norden oder Süden verbunden, mit Geschlecht, Klasse und anderen Machtstrukturen?
*Welche Unterschiede gab es zwischen Bevölkerungsbewegungen aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden und der umgekehrten Bewegung?
Der Zeitstrahl versucht unterschiedliche Askpekte aufzugreifen, kann jedoch ein so komplexes Phänomen nicht in seiner Vollständigkeit darstellen.”
Leider falsch
Versuch's nochmal!
Die Antwort war
Les die Antwort auf der Punktleiste.
OK
Die Kolonialgeschichte prägt immer noch Ressourcentransfers, neokoloniale Herrschaftsstrukturen, Gläubiger-Schuldner-Beziehungen, Arbeitsmigration sowie die ‚Wahl‘ von Kriegsschauplätzen, denn Kriege finden meist in ehemaligen Kolonien und nicht in Europa oder den USA statt. Migration ist ein Phänomen, das deutlich macht, dass die Distanz zwischen einstiger Kolonie und Kolonialmacht nicht besonders groß ist. Denn aufgrund des historisch-kolonialen Kontextes kommen die Menschen nach Europa. Es ist eine Geschichte der Macht: Europa hat zwar keine Kolonien mehr, aber es gibt eine neokoloniale Ordnung, die ein integraler Bestandteil des globalen neoliberalen Kapitalismus ist.
Richtig!
Die Kolonialgeschichte prägt immer noch Ressourcentransfers, neokoloniale Herrschaftsstrukturen, Gläubiger-Schuldner-Beziehungen, Arbeitsmigration sowie die ‚Wahl‘ von Kriegsschauplätzen, denn Kriege finden meist in ehemaligen Kolonien und nicht in Europa oder den USA statt. Migration ist ein Phänomen, das deutlich macht, dass die Distanz zwischen einstiger Kolonie und Kolonialmacht nicht besonders groß ist. Denn aufgrund des historisch-kolonialen Kontextes kommen die Menschen nach Europa. Es ist eine Geschichte der Macht: Europa hat zwar keine Kolonien mehr, aber es gibt eine neokoloniale Ordnung, die ein integraler Bestandteil des globalen neoliberalen Kapitalismus ist.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Quelle:
Ranabir Samaddar (2017: 76).
Kontext:
Samaddar stellt sich hier eine in der aktuellen Debatte zentrale Frage: Wie kann man die historische und wie die globale Dimension von Migration erfassen? In welchem Zusammenhang steht die globale Aufteilung der Welt zu neokolonialen Abhängigkeitsverhältnissen? Bewegt sich Migration nur aus dem Globalen Süden in den Globalen Norden und drängt somit als Fluchtversuch vor den Effekten und Resultaten globaler Abhängigkeitsmuster die Realität der postkolonialen Ausbeutung und Unterdrückung vor das „weiße Auge“ Europas? Kriege finden meist im Globalen Süden statt. Armut, Hunger und Dürre sind hingegen nicht rein lokal-regional zu erklärende soziale Phänomen, sondern sie stehen im expliziten Verhältnis zu globalen kapitalistischen Zusammenhänge, deren Hegemonie nach wie vor vom Globalen Norden ausgeht. Die Kriege im Globalen Süden werden mit meist im Globalen Norden produzierten Waffen geführt. Die Schulden im Globalen Süden führen zu Profiten und ökonomischer Macht im Globalen Norden. Samaddars Position ist zentral in der Argumentation für eine globale Verantwortungsperspektive, die derzeit in den Migrationsdebatten wenig reflektiert wird.
Zum Weiterlesen:
*Ranabir Samaddar (2017): Die Krise des Kapitalismus bedeutet nicht das Ende des Kapitalismus. In: glokal e.V. (Hrsg.): Connecting the dots. Lernen aus Geschichte(n) von Unterdrückung und Widerstand, S. 72.
*Alberto Acosta (2017): Entwicklung ist eine Fata Morgana. Interview in der Zeitung Freitag.
OK
Diese Migranten sind wie Kakerlaken. Sie sehen vielleicht ein wenig aus wie Bob Geldofs Ethiopien seit 1984, aber sie sind in der Lage einen nuklearen Schlag zu überleben.
Richtig!
Diese Migranten sind wie Kakerlaken. Sie sehen vielleicht ein wenig aus wie Bob Geldofs Ethiopien seit 1984, aber sie sind in der Lage einen nuklearen Schlag zu überleben.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Katie Hopkins (geb. 1975) ist britische Journalistin u.a. bei The Sun und Daily Mail.
Quelle:
Aus der Tageszeitung The Sun, zitiert in The Guardian, 19. April 2015.
Kontext:
Katie Hopkins wurde wegen dieses und weiterer diskriminierender, rassistischer und menschenverachtender Zitate mehrfach angeklagt, erhielt für mehrere Äußerungen hohe Geldbußen. Solche Zitate sind eine typische Strategie des rechtspopulistischen Lagers. Sie wollen die öffentliche Meinung beeinflussen, indem Akteur:innen wie Hopkins immer wieder Tabus der bürgerlichen Mitte und des liberal-demokratischen Common Sense brechen. Ziel ist eine Normalisierung von rechtem Gedankengut. In dem Zitat wird Migration als allerhöchste Gefahr und als Unsicherheitsfaktor inszeniert.
Zum Weiterlesen:
*Zoe Williams (2015): Katie Hopkins calling migrants vermin recalls the darkest events of history.
OK
Am Anfang erzählte ich allen, ich sei aus Trinidad, damit ich nicht über Sri Lanka und den Krieg sprechen musste. Ich wollte nicht sagen, dass ich eine Geflüchtete bin.
Richtig!
Am Anfang erzählte ich allen, ich sei aus Trinidad, damit ich nicht über Sri Lanka und den Krieg sprechen musste. Ich wollte nicht sagen, dass ich eine Geflüchtete bin.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Mathangi „Maya“ Arulpragasam (geb. 1975) ist eine britische Sängerin und Musikproduzentin, die unter dem Kürzel M.I.A. auftritt, was sowohl für Missing in Action als auch Missing in Acton (Stadtteil von London) steht.
Quelle:
Frank Sawatzki (2005): Maya rennt.
Kontext:
Geflüchtete Menschen sind oft jahrelanger Migration ausgesetzt, bis sie ihr Zielland erreichen. Die seelischen Traumata, die Geflüchtete möglicherweise aus Kriegsgebieten mit sich bringen (Kriegserfahrungen und Vergewaltigung, Verlust von Familienangehörigen), haben aufgrund des Überlebenskampfes im Grenzregime oft wenig Raum für Heilung. Im Gegenteil: Die Gewalt und fehlende Schutzräume – insbesondere für Frauen – setzen sich im Ankunftsland oft fort. In vielen Ländern gibt es allerdings selbstorganisierte kritisch-psychiatrische Versorgungsstellen, die bei der Bearbeitung von psychischen Traumata Hilfestellungen leisten.
Zum Weiterlesen:
*Kien Nghi Ha (2003): Die kolonialen Muster deutscher Arbeitsmigrationspolitik. In: Hito Steyerl & Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Hrsg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Münster: Unrast, S. 56–107.
*Maria do Mar Castro Varela (2017): „Das Leiden der Anderen betrachten“. Flucht, Solidarität und Postkoloniale Soziale Arbeit. In: Johanna Bröse et al. (Hrsg.): Flucht. Herausforderungen für Soziale Arbeit. Wiesbaden: Springer, S. 3-20.
OK
Wo sind heute die Pequot? Wo sind die Narragansett, die Mohicans, die Pokanoket und viele andere ehemals mächtige Gruppen unserer Leute? Sie sind wegen der Habgier und der Unterdrückung des weißen Mannes verschwunden, wie Schnee vor der Sommersonne. Werden wir uns zerstören lassen, ohne uns unserer Herkunft würdig anzustrengen? Sollen wir ohne Kampf unsere Häuser, unser Land, das uns der Große Geist hinterlassen hat, aufgeben? Die Gräber unserer Toten und alles, was uns teuer und heilig ist? Ich weiß, ihr werdet mit mir sagen: Niemals! Niemals!
Richtig!
Wo sind heute die Pequot? Wo sind die Narragansett, die Mohicans, die Pokanoket und viele andere ehemals mächtige Gruppen unserer Leute? Sie sind wegen der Habgier und der Unterdrückung des weißen Mannes verschwunden, wie Schnee vor der Sommersonne. Werden wir uns zerstören lassen, ohne uns unserer Herkunft würdig anzustrengen? Sollen wir ohne Kampf unsere Häuser, unser Land, das uns der Große Geist hinterlassen hat, aufgeben? Die Gräber unserer Toten und alles, was uns teuer und heilig ist? Ich weiß, ihr werdet mit mir sagen: Niemals! Niemals!
Jahr:
Autor*inneninfo:
Tecumseh Shawnee (1768-1813) war ein Kämpfer und Anführer der Shawnee im heutigen Ohio/USA. Er war bekannt als guter Redner und für seine Fähigkeit, unterschiedliche Gruppen zu vereinen.
Quelle:
Zitiert in Alex Alvarez (2016): Native Americans and the Question of Genocide. Lanham: Rowman & Littlefield, S. 9. Das Zitat könnte auch 1813 entstanden sein.
Kontext:
Nach dem US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg Ende des 18. Jahrhunderts wurde eine neue Einwanderungspolitik propagiert. Ein liberal organisiertes Migrationsregime sollte Migration aus Europa fördern. Dem standen die Versklavung von Menschen aus Afrika, Vertreibungen, Genozide und Enteignungen der Native Americans gegenüber. In der Siedler:innenkolonisation der Europäer:innen wehrten sich Native Americans gegen die Landenteignung und Genozide in kriegerischen Auseinandersetzungen. Nach der Niederschlagung des indigenen Widerstands gründeten die Siedler:innen Native American Reservate. Tecumseh arbeitete lange daran, im 18. Jahrhundert eine große Allianz gegen die weißen Siedler:innen zu bilden. In diesem Zitat, in dem Tecumseh um seine Zeitgenoss:innen trauert, wird die traumatische Brutalität des Genozids an den Native Americans deutlich.
Zum Weiterlesen:
*Vine Deloria (1969): Custer Died for your Sins. An Indian Manifesto. New York: Macmillan.
OK
Am wichtigsten von allen (…) und am notwendigsten ist es, eine gewisse Schätzung der getöteten und verletzten Menschen vorzunehmen, um zu wissen, wie viele Millionen lebendig und gesund festgenommen wurden. Die resultierende Zahl würde ein Vielfaches der Millionen sein, die außerhalb Afrikas lebendig landeten, und es ist diese Zahl, die die Zahl der Afrikaner darstellt, die direkt aus der Bevölkerung und den Arbeitskräften Afrikas aufgrund der Errichtung von Sklavenproduktion durch Europäer entfernt wurden.
Richtig!
Am wichtigsten von allen (…) und am notwendigsten ist es, eine gewisse Schätzung der getöteten und verletzten Menschen vorzunehmen, um zu wissen, wie viele Millionen lebendig und gesund festgenommen wurden. Die resultierende Zahl würde ein Vielfaches der Millionen sein, die außerhalb Afrikas lebendig landeten, und es ist diese Zahl, die die Zahl der Afrikaner darstellt, die direkt aus der Bevölkerung und den Arbeitskräften Afrikas aufgrund der Errichtung von Sklavenproduktion durch Europäer entfernt wurden.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Walter Rodney (1942-1980) war ein marxistischer Historiker und Politiker aus Guyana. Rodney wurde in eine Arbeiter:innenfamilie geboren, studierte in Guyana und auf Jamaika und lehrte u.a. in Hamburg und in Tansania. 1980 wurde er während des Wahlkampfes für die Working People’s Alliance bei einem Bombenanschlag getötet. Aller Wahrscheinlichkeit nach trägt die damalige Regierung von Forbes Burnham die Verantwortung für den Mord.
Quelle:
Walter Rodney (1973: 96)
Kontext:
Rodney vertritt in seinem Buch „Afrika – die Geschichte einer Unterentwicklung“ die Ansicht, dass a) die transatlantische Verschleppung und Zwangsversklavung von Millionen von Afrikaner:innen nach Europa und Amerika, b) die ökonomische Ausbeutung und c) die politische Kolonialmacht zu einer systematischen Unterentwicklung Afrikas geführt hatten. Das Buch war enorm einflussreich für die neue antikoloniale Perspektivsuche in der Geschichtsschreibung. Rodneys Buch schließt mit dem Diktum, dass der einzige humanistische Weg der Befreiung und humanen Entwicklung Afrikas in einer Beendigung der neokoloniale Regime liegen könnte.
Zum Weiterlesen:
*Walter Rodney (1973): How Europe Underdeveloped Africa. London & Dar-Es-Salaam: Bogle-L’Ouverture Publications.
OK
Das Deutsche Reich muss unbedingt den Erwerb von Kolonien anstreben. Im Reiche selbst ist zu wenig Raum für die große Bevölkerung. Gerade die etwas wagemutigen, stark vorwärts strebenden Elemente, die sich im Land selbst nicht betätigen konnten, aber in den Kolonien ein Feld für ihre Betätigung finden, gehen uns dauernd verloren. Wir müssen für unser Volk mehr Raum haben und darum Kolonien.
Richtig!
Das Deutsche Reich muss unbedingt den Erwerb von Kolonien anstreben. Im Reiche selbst ist zu wenig Raum für die große Bevölkerung. Gerade die etwas wagemutigen, stark vorwärts strebenden Elemente, die sich im Land selbst nicht betätigen konnten, aber in den Kolonien ein Feld für ihre Betätigung finden, gehen uns dauernd verloren. Wir müssen für unser Volk mehr Raum haben und darum Kolonien.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Konrad Adenauer (1876-1967) war 1927 Oberbürgermeister der Stadt Köln und später Bundeskanzler von 1949-1963.
Quelle:
Zitiert in: Rheinisches JournalistInnenbüro, recherche international e.V (2008: 45). Originalquelle: Horst Gründer (1999): „… da und dort ein junges Deutschland gründen“. Rassismus, Kolonien und kolonialer Gedanke vom 16. bis 20. Jahrhundert. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 327.
Kontext:
Konrad Adenauer ist als erster Bundeskanzler nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland bekannt. Er war aber auch von 1931 bis 1932 stellvertretender Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft. Das Zitat zur Kolonialpolitik des Deutschen Reichs entstand während seiner Amtstätigkeit als Oberbürgermeister der Stadt Köln. Die Ideologie vom „Volk ohne Raum“ stand hinter dem Streben nach Siedlungskolonialismus und Auswanderung nach dem Ersten Weltkrieg. Zuvor hatten die Siegermächte nach dem Ersten Weltkrieg die deutschen „Schutzgebiete“ übernommen und den Deutschen eine sowohl unfähige als auch besonders gewaltvolle Kolonisierungspolitik vorgeworfen. Die Alliierten wollten den „Wilhelminischen Imperialismus“ begrenzen. Daraufhin agitierten diese aggressiv gegen die sogenannte „Kolonialschuldlüge“.
Zum Weiterlesen:
*Rheinisches JournalistInnenbüro & recherche international e.V (2008): Die dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Unterrichtsmaterialien zu einem vergessenen Kapitel der Geschichte.
OK
Wir haben es jetzt mit einem anderen Volk zu tun, klein und schwach, als unsere Vorfahren zum ersten Mal mit ihnen zusammentrafen, aber jetzt groß und anmaßend. Seltsamerweise haben sie die Absicht, den Boden zu bestellen, und die Liebe zum Besitz ist eine Krankheit in ihnen. Sie haben viele Gesetze gemacht, die die Reichen brechen dürfen, die Armen aber nicht. Sie haben eine Religion, in der die Armen beten und die Reichen nicht. Sie nehmen das Geld der Armen und Schwachen, um die Reichen und Regierenden damit zu unterstützen. Sie beanspruchen unsere Mutter, die Erde, für ihren eigenen Gebrauch und grenzen sich von ihren Nachbarn ab. Wenn Amerika doppelt so groß wäre, wie es ist, es wäre immer noch nicht genug für sie.
Richtig!
Wir haben es jetzt mit einem anderen Volk zu tun, klein und schwach, als unsere Vorfahren zum ersten Mal mit ihnen zusammentrafen, aber jetzt groß und anmaßend. Seltsamerweise haben sie die Absicht, den Boden zu bestellen, und die Liebe zum Besitz ist eine Krankheit in ihnen. Sie haben viele Gesetze gemacht, die die Reichen brechen dürfen, die Armen aber nicht. Sie haben eine Religion, in der die Armen beten und die Reichen nicht. Sie nehmen das Geld der Armen und Schwachen, um die Reichen und Regierenden damit zu unterstützen. Sie beanspruchen unsere Mutter, die Erde, für ihren eigenen Gebrauch und grenzen sich von ihren Nachbarn ab. Wenn Amerika doppelt so groß wäre, wie es ist, es wäre immer noch nicht genug für sie.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Sitting Bull (ca. 1831-1890) hieß eigentlich Tȟatȟáŋka Íyotake. Er war ein Anführer und Heiler der Hunkpapa-Lakota-Sioux.
Quelle:
Bob Blaisdell (2014): The Dover Anthology of American Literature. From 1865 to 1922. S. 77.
Kontext:
Die heutigen USA wurden als sogenannte Siedlungskolonie mit europäischen Migrant:innen bevölkert. In dem Zitat spricht Sitting Bull als Native American über die Genoziderfahrung während dieser Kolonisation. Der bis heute populäre Anführer der Sioux trauert um die Enteignung der Native Americans. Gleichzeitig werden in dem Zitat auch analytische Aspekte deutlich, die Aufschluss darüber geben, wie Sitting Bull die Siedlungspolitik, die Massenermordung und die Kriege, aber auch die neue gesamte Kultur, die mit dem ‚weißen Mann‘ in ihr Land kam, beobachtete, analysierte und interpretierte.
Zum Weiterlesen:
*Dee Brown (1970): Bury My Heart at Wounded Knee. An Indian History of the American West. New York: Holt, Rinehart & Winston.
OK
Wir haben jeder Familie eine Arbeitsstelle gegeben, die ihre Häuser und ihr Land durch den Dock Complex verloren haben.
Richtig!
Wir haben jeder Familie eine Arbeitsstelle gegeben, die ihre Häuser und ihr Land durch den Dock Complex verloren haben.
Jahr:
Autor*inneninfo:
M.L. Meena (Geburtsdatum unbekannt) war Deputy Chairman des Haldia Dock Complex nahe Kolkatta, Indien.
Quelle:
Zitiert in Samata Biwas (2016): Haldia: Logistics and its Other(s). Workshop-paper Kolkata Research Group.
Kontext:
Viele Migrationen von Menschen finden auch innerhalb einer Nation statt. Als Indien sich 1947 von der britischen Kolonialherrschaft befreite, wurde die ehemalige Kolonie in die unabhängigen Staaten Indien und Pakistan geteilt. „Für mehr als zehn Millionen Menschen auf beiden Seiten der neuen Grenze war das gleichbedeutend mit Umsiedlung, Flucht und Vertreibung“ (Bundeszentrale für politische Bildung (2014): Die Teilung Britisch-Indiens 1947). Andere erzwungene Migrationen finden aufgrund von sogenannten Entwicklungsprojekten statt. Das Zitat stammt aus dem Raum Kolkatta in West-Bengalen, wo für den Bau des Dock- und Hafenkomplex viele Menschen enteignet wurden. Viele warten seit Jahrzehnten auf Entschädigungen.
Zum Weiterlesen:
*Samata Biswas (2017): Haldia, A Port City in India.
*Ranabir Samaddar (2017): Die Krise des Kapitalismus bedeutet nicht das Ende des Kapitalismus. In: glokal e.V. (Hrsg.): Connecting the dots. Lernen aus Geschichte(n) von Unterdrückung und Widerstand, S. 72.
*Kalim Siddiqui (2012): Development and Displacement in India: Reforming the
Economy towards Sustainability.
OK
Drei Töchter, zwei Söhne. Bei wem hast du sie gelassen und bist gegangen. So ein schönes Heim hast Du in Feuer gesetzt und bist gegangen. Du hättest dort geheiratet. Ganze sieben Jahre sind vergangen und Du bist nicht nach Hause gekommen. Du schickst ein wenig Geld. Wem soll das Geld nur nützen? Deine Familie mit fünf Kindern suchen alle nur Dich.
Richtig!
Drei Töchter, zwei Söhne. Bei wem hast du sie gelassen und bist gegangen. So ein schönes Heim hast Du in Feuer gesetzt und bist gegangen. Du hättest dort geheiratet. Ganze sieben Jahre sind vergangen und Du bist nicht nach Hause gekommen. Du schickst ein wenig Geld. Wem soll das Geld nur nützen? Deine Familie mit fünf Kindern suchen alle nur Dich.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Verstext von einem Volkslieds der Schwarzmeerküste der Türkei. Der Text zählt zu den ersten populären Migrationsliedern, die die damals einsetzende Arbeitsmigration aus der Schwarzmeerregion nach Europa begleitete. 1977 bringen die Musiker Ruhi Su (1912-1985); Sümeyra Çakir (1946-1990) gemeinsam mit dem Chor „Dostlar Korosu“ (dt. Freundeschor) das Album „Kapıları“ (Fremde Länder)“ heraus. Sümeyra starb im politischen Exil in Frankfurt. Nachdem sie 1980 in Westberlin auf einem Konzert, das der (türkischsprachige) Westberliner Arbeiterchor, in dem politisch organisierte Arbeitsmigrant:innen musikalisch zusammenkamen, die kommunistische Internationale gesungen hatte, musste sie in Deutschland bleiben, um vor der staatlichen Repression nach dem Militärputsch 1980 in der Türkei Schutz zu suchen.
Quelle:
Zitiert nach Ceren Turkmen, Originalquelle Ruhi Su; Sümeyra Çakir (1977): „El Kapıları“, Imece Plaklari: Istanbul, Vinyl, LP. Musikalbum. Die Jahreszahl (1960) bezeichnet das ungefähre Entstehungsdatum.
Kontext:
Das Lied „Almanya, bittere Heimat“ wurde eine Hymne, die von diasporischen Arbeiter:innenchören auf politischen Großveranstaltungen als auch in der Alltagskultur zu einem Kultstatus empor gesungen wurde. Das Lied symbolisiert ein „nostalgisches Migrationsnarrativ“.
Dieses Narrativ, das auch in diasporischen kommunistisch-sozialistischen Arbeiterchören verbreitet war, bestand auch in einer Vermännlichung der Migrationsdynamik. Es gab zwar regionale Unterschiede, aber schon seit den 1950er Jahren gab es auch weibliche Arbeitsmigration nach Europa. Ebenfalls unterschlägt das Lied die weibliche Lohnarbeit in der Türkei (in der familiären Landwirtschaft, in der halb-ökonomisierten Agrarwirtschaft als auch in den Industrien).
Zum Weiterlesen:
*Ceren Türkmen (2017): Gastarbeitsgeschichte zwischen Migrationsregime, Staat und kommunaler Befreiung. Methoden zur Wissensproduktion, Material & Machtkritik. In glokal e.V. (Hrsg.): Connecting the Dots. Lernen aus Geschichte(n) zu Unterdrückung und Widerstand. Berlin, S. 46.
*Ceren Türkmen (2011): Diskontinuität und Kohärenz. Gastarbeitsmigration und die Organisierung der Arbeitsteilung in Deutschland. In: Jane Angerjärv & Hella Hertzfeldt (Hrsg.): Geschlecht – Migration – Integration. Manuskripte 94. Berlin: Dietz, S. 51-65.
OK
(Ich erkläre meine Unterstützung dafür), zu vermeiden, Fremde hier einzuführen und die Reinheit der australischen Menschen zu zerstören.
Richtig!
(Ich erkläre meine Unterstützung dafür), zu vermeiden, Fremde hier einzuführen und die Reinheit der australischen Menschen zu zerstören.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Andrew Fisher (1862-1928) war australischer Premierminister von 1908 – 1909.
Quelle:
Andrew Fisher (1910): Election Speeches. Australian Labour Party.
Kontext:
Auch Australien war eine Siedlungskolonie. Um 1788 landete das erste britische Schiff in Australien, das damals noch ausschließlich von den australischen Aboriginals bewohnt war. Die Eroberung und Landnahme Australiens ging schnell voran. Es entwickelten sich lokale Unabhängigkeitsbestrebungen der weißen Australier:innen, die 1901 zur Gründung des Australischen Bunds führten. Im Zitat wird deutlich, wie schnell die Verdrehung stattfinden kann: Weiße Australier:innen waren gerade erst gewaltvoll in das Land migriert und entwickelten schon kurz darauf einen „Fremdenhass“ gegenüber Migrant:innen nach Australien. Sie imaginierten eine von Fremden bedrohte „weiße Reinheit“ Australiens und versuchten sie im Rahmen einer aggressiven „White Australia Policy“ umzusetzten.
Zum Weiterlesen:
*Philip Gavin Griffiths (2006): The Making of White Australia: Ruling Class Agendas, 1876-1888. Doctoral Thesis. The Australian National University.
OK
Monatelang haben die deutschen Medien ausführlich Entwicklungen und Geschehnisse bezüglich der Geflüchtetenfrage kommentiert. Die meisten dieser Kommentator:innen waren in der Regel weiße Journalist:innen, Politiker:innen, Migrationsforscher:innen oder freiwillige Helfer:innen. Die Stimmen von Geflüchteten waren stets eher Randnotizen. In den seltenen Fällen, in denen sie zu Wort kommen durften, wurden diesen nur wenige Zeilen oder bestenfalls Sekunden gewährt. Geflüchtete sollten in ihren eigenen Narrativen vor allem als Bekräftigung des Konsens der Mehrheitsgesellschaft über sie dienen. Sie sind nicht die Erzähler:innen, sondern das Erzählte.
Richtig!
Monatelang haben die deutschen Medien ausführlich Entwicklungen und Geschehnisse bezüglich der Geflüchtetenfrage kommentiert. Die meisten dieser Kommentator:innen waren in der Regel weiße Journalist:innen, Politiker:innen, Migrationsforscher:innen oder freiwillige Helfer:innen. Die Stimmen von Geflüchteten waren stets eher Randnotizen. In den seltenen Fällen, in denen sie zu Wort kommen durften, wurden diesen nur wenige Zeilen oder bestenfalls Sekunden gewährt. Geflüchtete sollten in ihren eigenen Narrativen vor allem als Bekräftigung des Konsens der Mehrheitsgesellschaft über sie dienen. Sie sind nicht die Erzähler:innen, sondern das Erzählte.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Sinthujan Varatharajah (geb. 1985) ist politischer Geograph und lebt in Berlin.
Quelle:
Sinthujan Varatharajah (2015): Das Selbstgespräch brechen: Perspektiven auf Asyl von ehemaligen Geflüchteten.
Kontext:
2015 erreichten die Flucht- und Migrationbewegungen nach Europa einen Höhepunkt. Die Grenzen blieben geschlossen, so dass auf den gefährlichen Routen des Mittelmeeres und der Transitländer unzählige Menschen starben. Es bildeten sich eine Bewegungen „von unten“, die selbstorganisiert Unterstützungsarbeit leisteten: auf dem Meer, in Herkunfts-, Transit- und Ankunftsländern. Diese Aktivist:innen bestanden aus migrantischen Selbstorganisierungen, NGOs, ehrenamtlichen Bürger:innen, Kirchenmitgliedern, Ärzt:innen und Journalist:innen. Die strenge Grenzregimepolitik erlebte einen historischen Bruch, als Angela Merkel die Grenzen kurz öffnen ließ. In den Medien erlebte die Flüchtlingsfrage eine enorme Präsenz. Sinthujan Varatharajah kritisierte in diesem Zusammenhang kritisch, dass der Fokus auf weißen Menschen liegt und Stimmen geflüchteter Menschen eher selten gehört werden.
Zum Weiterlesen:
*Sinthujan Varatharajah (2017): Ein bischen wie im Kolonialismus hat mein Vater gesagt …“ In: glokal e.V. (Hrsg.): Willkommen ohne Paternalismus. Hilfe und Solidarität in der Unterstützungsarbeit, S. 56-61.
OK
(…) die Flüchtlinge müssen hinausgeworfen werden, und die Bauern müssen dabei tatkräftig mithelfen.
Richtig!
(…) die Flüchtlinge müssen hinausgeworfen werden, und die Bauern müssen dabei tatkräftig mithelfen.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Jakob Fischbacher (1886-1972) gründete 1946 die Bayernpartei, die sich als Sammelbecken von Konservativen und Separatisten für ein unabhängiges Bayern verstand und in deren Zentrum die Abwehr von Ost-Flüchtlingen stand.
Quelle:
Der Spiegel 16/1947: Preußen-Attacke.
Kontext:
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es nicht nur transnationale Migrationsbewegungen, sondern ein viele Menschen migrierten auch innerhalb der neu entstandenen Staaten. In Deutschland migrierten 14 Millionen vertriebene Deutsche aus den während des Faschismus besetzen Ostgebieten und den ehemaligen Teilen Deutschlands gen Westen. In Bayern gab es bis 1950 einen Bevölkerungszuwachs von fast 30%. Die Ost-Flüchtlinge waren zwar Teil des völkischem Konstruktes der deutschen Identität, aber aus Gründen der radikalen Umverteilung wurden sie vehement abgewehrt. Andreas Schachner von der Bayernpartei sagte, dass sich so viele Fremde an den „bayerischen Futterkrippen“ bedienten, „dass Pogrome nötig wären, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen“ (Hoefer 2015). Die Parolen erinnern an aktuelle Diskussionen, die Flucht und Migrationsbewegungen seit Anfang der 2010er Jahre nach Europa begleiten.
Zum Weiterlesen:
*Carsten Hoefer (2015): „Die Flüchtlinge müssen hinausgeworfen werden.“
*Spiegel (1947): Preußen-Attacke.
OK
Bei weitem das beste wäre es, die Grenzen derart zu schützen, daß sie gar nicht erst kommen können. Die Grenzen dichtmachen, das wäre die beste Lösung. Man sollte den Abgewiesenen ein Paket für den Rückweg mitgeben. So würden beiden Seiten Gewalttätigkeiten erspart bleiben. (…) Deshalb wäre es das Beste, diese unglücklichen Leute so bald und so freundlich wie möglich hinauszubefördern, dorthin, wo sie hergekommen sind.
Richtig!
Bei weitem das beste wäre es, die Grenzen derart zu schützen, daß sie gar nicht erst kommen können. Die Grenzen dichtmachen, das wäre die beste Lösung. Man sollte den Abgewiesenen ein Paket für den Rückweg mitgeben. So würden beiden Seiten Gewalttätigkeiten erspart bleiben. (…) Deshalb wäre es das Beste, diese unglücklichen Leute so bald und so freundlich wie möglich hinauszubefördern, dorthin, wo sie hergekommen sind.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Golo Mann (1909 – 1994) war ein deutsch-schweizerischer Historiker, Publizist und Schriftsteller. Der Sohn des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann emigrierte nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten über Frankreich und die Schweiz in die USA. Mitte der 1950er Jahre kehrte er nach Deutschland zurück und siedelte später in die Schweiz über. Er war Berater von Willy Brandt, engagierte sich aber vor der Bundestagswahl 1980 für Franz Josef Strauß, den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU.
Quelle:
Bildzeitung vom 30. Januar 1991, zitiert nach Ulrich Herbert (2001: 305).
Kontext:
Golo Manns Abwehrhaltung gegenüber Migrant:innen repräsentiert die Praxis deutscher Ausländerpolitik seit der Beendigung des Gastarbeiter:innenabkommens 1973. Zum Entstehungszeitpunkt des Zitats beginnen auch die tödlichen Brandanschläge auf Migrant:innen und ihre Häuser in Ost- und Westdeutschland: Rostock, Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln, Solingen. In allen Fällen versagt der Staat in Ost und West an einer angemessenem Schutz der Opfer oder einer würdigen Beileidskundgebung. In Debatten wird argumentiert, dass man an den Übergriffen sehen kann, dass die Belastbarkeitsgrenze der Deutschen überschritten ist und darum das Asylrecht abgeschafft werden müsse. Schließlich wurde das Recht auf Asyl von CDU, CSU und FDP mit Zustimmung der SPD 1993 radikal beschnitten.
Zum Weiterlesen:
*Ulrich Herbert (2001): Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. München: C.H. Beck.
*Medico International (2016): Jenseits in Afrika. Die Europäische Union nutzt Entwicklungshilfe zur Abschottung. Migration gen Norden soll schon in Afrika gestoppt werden.
OK
Niemand verlässt die Heimat, es sei denn die Heimat verwandelt sich in den Rachen eines Haies. Du rennst nur in Richtung Grenze, wenn deine ganze Stadt auch rennt.
Richtig!
Niemand verlässt die Heimat, es sei denn die Heimat verwandelt sich in den Rachen eines Haies. Du rennst nur in Richtung Grenze, wenn deine ganze Stadt auch rennt.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Warsan Shire (geb. 1988 in Kenia) ist eine somalisch-britische Autorin.
Quelle:
Warsan Shire (2011): Teaching My Mother How to Give Birth. UK: Flipped Eye Publishing.
Kontext:
Warsan Shire verarbeitet Flucht- und Migrationserfahrungen literarisch. In dem Gedicht, aus dem das Zitat stammt, sind Motive, Ambivalenzen, Konflikte, Hoffnungen, Schuldgefühle, Aufbruchstimmung, Abschiedsmomente und weitere emotionale Phasen benannt, die als Gründe zur Migration genannt werden. Das Gedicht ist ein subjektiver Erfahrungsbericht aus einer emanzipatorischen und selbstbestimmten Perspektive, sich für Flucht zu entscheiden und den Migrationsprozess aus der Ich-Perspektive zu dokumentieren.
Zum Weiterlesen:
*glokal e.V. (2017): Willkommen ohne Paternalismus. Hilfe und Solidarität in der Unterstützungsarbeit. Berlin.
OK
Nach zwei Wochen wurden wir zur comfort station geschickt. Das war eine Holzbaracke mit bis zu sechs abgetrennten Räumen (…). Die Räume waren winzig, auf den Holzböden lagen Tücher und Decken. Ständig gingen Soldaten ein und aus – auch nach Mitternacht.
Richtig!
Nach zwei Wochen wurden wir zur comfort station geschickt. Das war eine Holzbaracke mit bis zu sechs abgetrennten Räumen (…). Die Räume waren winzig, auf den Holzböden lagen Tücher und Decken. Ständig gingen Soldaten ein und aus – auch nach Mitternacht.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Hwang Kum-Ju (geb. ca. 1920) war koreanische Zwangsprostituierte in einem Bordell für japanische Soldaten. Ihr wurde versprochen, dass sie in einer Fabrik arbeiten würde, aber sie wurde in die Mandschurei verschleppt.
Quelle:
Zitiert in Rheinisches JournalistInnenbüro; recherche international e.V. (2008: 111). Original aus Hwang Kum-Ju (2002/2003): Aufzeichnungen für den Koreanischen Rat zur Rehabilitierung der Gewaltopfer des Zweiten Weltkriegs sowie Interviews am 20.10.2002 und 03.12.2003, Seoul. Die Jahreszahl (2002) bezeichnet das ungefähre Entstehungsdatum des Zitats.
Kontext:
Zwangsmigration im asiatischen Raum ist oft mit der japanischen Kolonialherrschaft verbunden. Ab 1910 wurde Korea von Japan vollständig kolonisiert. Die Kolonialherrschaft endete mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans 1945. Während des Zweiten Weltkriegs wurden koreanische Frauen als Zwangsprostituierte für die japanische Armee versklavt und verschleppt. Nach Schätzungen asiatischer NGOs verschleppte die kaiserlich japanische Armee zwischen 1932 und 1945 insgesamt 200.000 Frauen aus Korea, China, den Philippinen, Malaya, Burma, Osttimor und Indonesien in Militärbordelle. 1991 entstand der koreanische Rat, der den sexuellen Missbrauch zwangsrekrutierter Frauen durch japanische Militärs untersuchte. 1993 entschuldigte sich die japanische Regierung, lehnte aber Entschädigungsforderungen ab (Rheinisches JournalistInnenbüro & recherche international e.V. 2008: 109).
Zum Weiterlesen:
*Rheinisches JournalistInnenbüro & recherche international e.V. (2008): Die dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Unterrichtsmaterialien zu einem vergessenen Kapitel der Geschichte.
*Björn Jensen (2015): Forgotten Sex Slaves – Comfort Women in the Philippines. Dokumentarfilm, 46min.
OK
Und natürlich war der Ansatz zu sagen, jetzt machen wir mal Multikulti und leben so nebeneinander her. Dieser Ansatz ist gescheitert, absolut gescheitert!
Richtig!
Und natürlich war der Ansatz zu sagen, jetzt machen wir mal Multikulti und leben so nebeneinander her. Dieser Ansatz ist gescheitert, absolut gescheitert!
Jahr:
Autor*inneninfo:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (geb. 1954) ist Politikerin der CDU und war von 2005-2021 Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie war die erste Frau in diesem Amt.
Quelle:
In einer Rede vom 16. Oktober 2010 vor der Jungen Union.
Kontext:
Angela Merkel machte als Bundeskanzlerin Integrationspolitik zur Chefinnensache. Die sogenannten ‚Deutschen mit Migrationshintergrund‘ kamen aufgrund von Berichten über Armut, soziale Ungleichheit an Schulen und auf dem Arbeitsmarkt etc. in den Fokus der Medien. Schnell wurde im rechts-konservativen Lager von selbstverschuldeter Armut gesprochen und vom Scheitern des „Multikulti“-Ansatzes. Angela Merkel setzte zunächst auf staatliche Integrationspolitik. Sie organisierte seit 2006 jährlich die Deutsche Islamkonferenz und den Integrationsgipfel. Im gleichen Jahr des Zitats veröffentlichte der ehemalige SPD-Politiker Thilo Sarrazin sein Buch „Deutschland schafft sich ab“. CSU-Vorsitzender Horst Seehofer bezog sich positiv auf Sarrazins Idee der Leitkultur. Angela Merkel stellte sich mit diesem Zitat hinter Seehofer und ein autoritäres Integrationsprojekt.
Zum Weiterlesen:
*Spiegel (2010): Integration: Merkel erklärt Multikulti für gescheitert.
OK
Nur wenige ihrer Kinder (…) lernen Englisch. (…) Sie importieren viele Bücher aus Deutschland. (…) [Z]wei von sechs Verlagshäusern gehören vollständig den Deutschen, zwei sind halb deutsch, halb englisch und zwei sind ganz englisch (…). Die Schilder in unseren Straßen sind in beiden Sprachen gehalten, manchmal sogar nur in Deutsch (…). Bald werden sie uns zahlenmäßig überlegen sein, sodass all die Vorteile, die wir haben (…) nicht ausreichen werden, um unsere Sprache zu erhalten. Auch unsere Regierung gerät dadurch ins Wanken.
Richtig!
Nur wenige ihrer Kinder (…) lernen Englisch. (…) Sie importieren viele Bücher aus Deutschland. (…) [Z]wei von sechs Verlagshäusern gehören vollständig den Deutschen, zwei sind halb deutsch, halb englisch und zwei sind ganz englisch (…). Die Schilder in unseren Straßen sind in beiden Sprachen gehalten, manchmal sogar nur in Deutsch (…). Bald werden sie uns zahlenmäßig überlegen sein, sodass all die Vorteile, die wir haben (…) nicht ausreichen werden, um unsere Sprache zu erhalten. Auch unsere Regierung gerät dadurch ins Wanken.
Jahr:
Autor*inneninfo:
Benjamin Franklin (1706-1790) war ein US-amerikanischer Schriftsteller, Naturwissenschaftler, Erfinder und Politiker. Er war ein Autor der Unabhängigkeitserklärung der USA.
Quelle:
Brief von Benjamin Franklin an Peter Collinson: The Support of the Poor, 9. Mai 1753.
Kontext:
Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelten sich die ersten wichtigen politischen Unabhängigkeitsdiskurse in den Kolonien Nordamerikas. In Europa herrschten Kriege und Konflikte, die zwischen 1756 und 1763 im ‚Siebenjährigen Krieg‘ mündeten. Dadurch wurden die Kolonien in Amerika noch wichtiger für die Finanzen der verschuldeten und kriegstreibenden Staatshaushalte der Kolonialregime in Europa. Die Brit:innen erhöhten die Steuern auf Tee und Zucker in den britischen Kolonien. Wenige Jahre später, 1774, kam es zur Gründung der separatistischen ‘Boston Tea Party’ und 1775 zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. In diesem Zitat beklagt sich Benjamin Franklin über die fehlende Integrationsbereitschaft der deutschen Migrant:innen. Franklin fürchtet eine deutsche Parallelgesellschaft.
Zum Weiterlesen:
*Eske Wollrad (2005): Weißsein im Widerspruch. Feministische Perspektiven auf Rassismus, Kultur und Religion. Königstein im Taunus.: Ulrike Helmer.
OK
„Was machst du hier, mein Kamerad? Ding, Ding. Wer brachte dich her durch bösen Verrat? Ding, Ding. Ist das das Boot, das dich betrog? Ding, Ding. Oder war’s der Schlepper, der dich belog? Ding, Ding. Wie die Kinder in Mütters Armen ertranken. Ding, Ding. Europas Völker den Schleppern danken. Ding, Ding
Richtig!
„Was machst du hier, mein Kamerad? Ding, Ding. Wer brachte dich her durch bösen Verrat? Ding, Ding. Ist das das Boot, das dich betrog? Ding, Ding. Oder war’s der Schlepper, der dich belog? Ding, Ding. Wie die Kinder in Mütters Armen ertranken. Ding, Ding. Europas Völker den Schleppern danken. Ding, Ding
Jahr:
Autor*inneninfo:
Mohsen Lihidheb (Geburtsdatum unbekannt), tunesischer Fischer und Künstler, Begründer Museum des Meeres.
Quelle:
Deutschlandfunk (02.07.2020): Geflüchtete in Tunesien
Die Toten von Zarzis.
Kontext:
Jedes Jahr machen sich tausende Menschen auf den Weg, um vor Armut, Krieg, Diskriminierung und der Klimakatastrophe von Afrika nach Europa zu fliehen. Manchmal kommen bis zu 2.000 Menschen an einem Tag in Lampedusa an (Der Standard, 11.05.2021). Der Atlantik vor den kanarischen Inseln, der griechische Grenzfluss Evros, aber besonders das Mittelmeer bilden die oft tödliche Grenze der Festung Europa. Die Reisenden werden von Politiker*innen für geostrategischen Druck ausgenutzt (Deutschlandfunk, 29.12.2021), von Küstenwachen zurückgedrängt (Graf 2021), von Landwirten ausgebeutet (globalslaveryindex.org) und in Lagern interniert (arte tv, 01.12.2021). Doch es gibt auch Solidaritätsinitiativen, Selbstorganisierung von Migrant*innen und Einzelpersonen wie Mohsen Lihidheb, die auf die Ausbeutungsstrukturen aufmerksam machen und auf eine Veränderung des Migrationsregimes drängen.
Zum Weiterlesen:
*Der Standard (11.05.2021): Fluchtbewegung im Mittelmeer: Der jährliche Teufelskreis.
*Deutschlandfunk (29.12.2021): Geflüchtete an der polnisch-belarusischen Grenze. Tote im Schnee – und ein grünes Licht der Hoffnung.
*Laura Graf (2021): Pushbacks dokumentieren. Ungehorsame Beobachtungen von Grenzgewalt auf der Balkanroute.
*Global Slavery Index (2018): Country Study Germany.
*Arte (2021): Lager der Schande. Europas Libyen Deal.
OK
1500
to 1600
to 1700
to 1800
to 1850
to 1900
to 1925
to 1950
to 1975
to 1990
to 2000
to 2010
2011