Kultur

In welchem Jahr äußerte ein deutscher Philosoph: „Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse, bleibt aber ein bloßes Deckbild für den brutalen Herrschaftsanspruch“?

Richtig! Leider falsch!

Theodor W. Adorno (1903-1969) war ein deutscher Philosoph. Adorno hatte unter den Nazis seit 1933 Lehrverbot, da er väterlicherseits aus einer jüdischen Familie stammte. Er emigrierte in die USA. Nach seiner Rückkehr 1953 beobachtete, wie der Begriff „Rasse“ im postnationalsozialistischen Deutschland ein Tabuwort geworden, aber im Begriff „Kultur“ weiterlebte. Zusammen mit Max Horkheimer forschte er zur Kritik der Aufklärung und des Fortschrittdenkens.

Wann konnte man in einem deutschen Parteiprogramm lesen: „‘Multikulturelle‘ Gesellschaften sind in Wirklichkeit kulturlose Gesellschaften. Die Vielfalt der Völker muß erhalten bleiben?“

Richtig! Leider falsch!

Parteiprogramm der rechtsxtremen NPD, die 1964 gegründet wurde. Der Kulturbegriff wird auch von rechtsextremer Seite genutzt und mit völkischer Ideologie (Blut und Boden) gefüllt. Die neue Rechte in Europa benutzt oft das Konzept des Ethnopluralismus. Dieser propagiert, dass jede Kultur in sich abgeschlossen ist und sich nicht mit anderen vermischen sollte. Anhänger:innen hat diese Ideologie in Österreich und Frankreich (identitäre Bewegung), aber auch in Griechenland, den USA und Südafrika.

Wann schrieb der bekannteste deutsche Philosoph der Aufklärung: „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen“?

Richtig! Leider falsch!

Immanuel Kant (1724-1804) hat fast sein gesamtes Leben in Königsberg verbracht. Er war bei der Prägung der Rassentheorie für den deutschsprachigen Raum von zentraler Bedeutung. Obwohl allgemein mit der Aufklärung die universellen Menschenrechte verbunden werden, war sie auch die Zeit der aufkommenden Rassentheorien. Wenn alle Menschen gleich und frei waren, dann brauchte es eine parallele Rechtfertigung, warum Ungleichheiten weiterbestanden.

Wann sagte ein deutscher Sozialdemokrat: „Kommen die Vertreter kultivierter und zivilisierter Völkerschaften (...) als Helfer in der Not, (...) dann sind wir (…) die ersten, die eine solche Kolonisation als große Kulturmission zu unterstützen bereit sind.“ [1884+1906r]

Richtig! Leider falsch!

August Bebel (1840-1913) war ein Politiker und Begründer der organisierten Arbeiterbewegung in Deutschland. Die Rede von August Bebel im Reichstag, aus der das Zitat stammt, war ein Beitrag in der Debatte zum Umgang mit dem Vernichtungskrieg gegen Herero und Nama in der damaligen deutschen Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika 1904-1908. Bebels Denkweise basiert stark auf einem rassistisch geprägten Kulturbegriff und einer Einteilung in Kulturvölker und Naturvölker.

Wann schrieb ein deutscher Professor: „Das Volk, dessen Zustand und Herkunft ich in dieser Schrift abzuhandeln gedenke, die Z*******, sind eine überaus sonderbare Erscheinung in Europa. (...) Das Sonderbare aber bei diesen irrenden Fremdlingen ist, daß weder Zeit noch Clima, noch Beispiele, bisher auf sie, überhaupt genommen, merklichen Einfluß gehabt haben?“

Richtig! Leider falsch!

Moritz Gottlieb Grellmann (1756-1804) gilt als Gründer der "Tsiganologie" war Professor in Göttingen. In seinem Werk behauptete er Rom:nja würden Kinder klauen und vermutlich essen. Obwohl Grellmann als der sogenannte Gründer der Tsiganologie gehandelt wird, hat er wohl selbst nie mit Rom:nja gesprochen. Sein gesamtes Werk ist entweder abgeschrieben oder im Gespräch mit einem Priester, der mit Rom:nja arbeitete, entstanden. Die Schrift ist ein Beispiel dafür, wie in der sozialwissenschaftlichen Forschung über, aber nicht mit den „Forschungsobjekten“ gesprochen wird.

Wann sage eine Cherokee: „Westliche Filme scheinen immer die Native American Frauen beim Wäsche waschen im Fluss zu zeigen, Männer mit Tomahawks oder Speeren in der Hand, geschmückt mit vielen Federn“?

Richtig! Leider falsch!

Wilma Mankiller (1945-2010) war eine Native American Aktivistin, Feministin und Chief der Cherokee/Tsalagi Nation. Besonders in Western-Filmen ist stereotype Darstellung von Native Americans verbreitet. Oft wurden sie einseitig als gewalttätige Bedrohung dargestellt und somit auch von der Kulturindustrie Hollywoods die Enteignungen und Genozide indigener Menschen in den Amerikas gerechtfertigt. Wilma Mankiller setzte auf Empowerment und die Verbreitung positiver Selbstbilder, um gezielt dieser rassistischen Bildproduktion entgegenzuwirken.

Wann sagte ein sogenannter Entdecker über die australischen Indigenen: „Wären diese Leute unfreundlich gewesen, hätten wir ihnen nicht entkommen können... [Sie] behandelten uns mit echter Gastfreundschaft, und wir hätten bestimmt nach allem verlangen können, was sie hatten“?

Richtig! Leider falsch!

Charles Sturt (1795–1869) war ein sogenannter Entdecker im südöstlichen Australien. Die Europäer:innen beschrieben die "Anderen" keineswegs immer als kulturlos. Auch wurden Nicht-Europäer:innen oft, wie in diesem Zitat, als höflich, freundlich, gastfreundlich, einfach und gut beschrieben. Oft hielten diese Vergleiche den Europäer:innen einen kritischen Spiegel vor.

Wann sagte ein dänischer „Entwicklungshelfer“: „Der Unterschied [zwischen Schwarz und weiß] könnte sein, dass die Kultur nicht dieselbe ist oder dass sie nicht das selbe Niveau erreicht haben wie wir“?

Richtig! Leider falsch!

Anonymer dänischer „Entwicklungshelfer“. In diesem Zitat zeigen sich zwei gängige Formen des Umgangs mit dem Kulturbegriff von weißen Menschen: Auf der einen Seite Unterschiede ganz negieren und so zu tun, als ob alle Menschen gleich wären („Farbenblindheit“). Auf der anderen Seite die verinnerlichte Überlegenheit, auf einer höheren Entwicklungsstufe zu sein.

Wann verabschiedete eine Versammlung freier Schwarzer Männer diese Resolution: „Während unsere Vorfahren (unfreiwillig) die ersten erfolgreichen Kultivierenden der Wildnis Amerikas waren, fühlen wir uns als Nachkommen berechtigt, an den Segnungen ihres üppigen Bodens teilzunehmen.“

Richtig! Leider falsch!

Die Versammlung freier Schwarzer Männer, die am 15.01.1817 in der Bethel Kirche in Philadelphia tagten. Kultur bzw. Kultivierung wird auch für die Fruchtbarmachung von Boden verwendet. Das Zitat stammt aus einer Versammlung freier Schwarzer, die sich gegen eine Übersiedlung nach Westafrika aussprechen, da sie zur Fruchtbarmachung amerikanischen Bodens beigetragen hatten. Freie Schwarze wurden von Sklav:innenbesitzer*innen als Bedrohung empfunden und sollten in Liberia angesiedelt werden.

Wann sagte ein ehemaliger Tupamaro-Guerilla: „Die stärkste Kolonisierungskraft hat die Konsumgesellschaft (...) Der einzige Kampf, den wir anbieten können, ist kultureller Natur: mehr Betrachtung der Natur und weniger Zeitaufwand fürs Einkaufen“?

Richtig! Leider falsch!

Pepe Mujica (geb. 1935) war Mitglied der linken Tupamaro Guerilla und wurde während der Militärdiktatur in Uruguay gefoltert und 14 Jahre inhaftiert. 2010 bis 2015 war er Präsident Uruguays. Während seiner Amtszeit spendete er 90% seines Einkommens und galt als bescheidenster Präsident weltweit. Mujica kritisiert den sogenannten westlichen Lebensstil, der sich oft darin erschöpfe, wirtschaftlichen Erfolg und Konsumgüter als Lebensinhalt begreifen. Darin sieht er eine Kolonisierung des Lebens an sich sieht. Adam Curtis (2002) drehte den Dokumentarfilm The Century of the Self, der sich mit den psychologischen Tricks von Werbung und politischer Bevölkerungskontrolle beschäftigt.