Wann hat eine Theoretikerin gesagt, dass „es so etwas gibt wie ein Recht, Rechte zu haben [...], wissen wir erst, seitdem Millionen von Menschen auftauchten, die solche Rechte verloren hatten […]“?
Hannah Arendt (1906-1975) war eine jüdische deutsch-US-amerikanische Theoretikerin und Journalistin. Arendt verweist darauf, dass die Menschenrechte gerade die Entrechteten, also diejenigen, die den Schutz der Menschenrechte am dringlichsten bräuchten, nicht schützen können. Daher müssten sie, ausgehend von den Entrechteten, neu gedacht werden.
Wann sagte ein Philosoph, dass „die Menschheit […] in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen [ist]. […] Die N* sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften“?
Immanuel Kant (1724-1804) war einer der bekanntesten Philosophen der europäischen Aufklärung. Das Zitat stammt aus einer Vorlesung über „Physischen Geographie“, die Kant von 1755 bis zum Ende seiner Lehrtätigkeit 1796 regelmäßig hält. Das Zitat steht in einem Widerspruch zu Kants Ethik und Moralphilosophie, die die Gleichheit aller Menschen voraussetzt und auch für die Erklärung der Menschenrechte als grundlegend gilt.
Wann sagte eine Philosophin, dass „die Idee der Menschenrechte [...] eine Art des Sozialdarwinismus” in sich trägt?
Gayatri Ch. Spivak (*1942) ist eine indisch-US-amerikanische postkoloniale Theoretikerin, die die den Menschenrechten innewohnende Idee von Zivilisation kritisiert. Diese implizierten eine Logik des Stärkeren: Sie suggerieren, dass weiße Europäer:innen dank ihrer vermeintlichen Zivilisiertheit die Menschenrechte hervorbringen konnten, die Schwarzen Menschen lange Zeit verwehrt blieben und diesen „Anderen“ jetzt erst vermittelt werden müssen.
Wann schrieb ein Bischof, dass „die natürlichen Gesetze und Regeln der Menschen [...] allen Völkern gemeinsam [sind], den christlichen und heidnischen, ohne Unterschied und gleich welches ihre Sekte, ihr Gesetz, ihr Stand, ihre Hautfarbe und Herkunft“ seien?
Bartholomé de Las Casas (1484-1566) war erster Bischof von Chiapas (heute: Mexiko). Weit vor der Formulierung der Freiheitsrechte in Europa des 18. Jahrhunderts wendet sich Las Casas mit der Forderung nach gleichen Rechten für alle Menschen gegen die spanische Politik der Kolonialisierung. Er verweist auf die Unrechtmäßigkeit der vorgeblichen Verträge mit der indigenen Bevölkerung, die Landnahmen der spanischen Eroberer:innen legitimieren sollen.
Wann hat ein Politiker gesagt, dass sich „die Taktik der Konfrontation mit dem Regime […] ändern [wird], um sicherzustellen, dass die Menschen ihr Recht auf Leib und Leben verteidigen“?
Walter Rodney (1942-1980) war ein Historiker und Politiker aus Guyana. Das Zitat stammt aus der Rede „People’s Power, no Dictator“, die Walter Rodney 1979 hält. In dem Zitat wendet sich Rodney gegen die zunehmend diktatorische Regierung von Forbes Burnham und betont dagegen Selbstverteidigung als universales Menschenrecht.
Wann schrieb ein Philosoph: „Der Mensch gilt so, weil er Mensch ist, nicht weil er Jude, Katholik, Protestant, Deutscher, Italiener ist“?
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) war ein Philosoph des Deutschen Idealismus. Er betont, dass in der modernen bürgerlichen Gesellschaft alle Menschen gleich sind, unabhängig von Religion oder Nationalität. Allerdings müsse diese rechtliche Gleichheit erst geschichtlich errungen werden. Somit können andere Lebensformen, die nicht der europäischen, bürgerlichen Ordnung entsprechen, als unterentwickelt abgewertet werden.
Wann hat ein Philosoph gesagt, dass „Diskriminierung und Selektion im Namen der Rasse […] strukturierende – wenn auch vielfach geleugnete – Faktoren […] der Verwehrung von Rechten und der […] Herrschaft [sind], und das selbst in unseren Demokratien“?
Achille Mbembe (*1957) ist ein postkolonialer Theoretiker, Philosoph und Historiker. Er entwickelt in „Kritik der schwarzen Vernunft“ eine kritische Reflexion der westlichen Vorstellung von Vernunft und Rationalität. In diesem Kontext versucht er zu zeigen, inwiefern das Ziel antikolonialer Befreiungskämpfe, das Recht auf gleiche Teilhabe für alle, auch für die Gegenwart relevant bleibt.
Wann hat ein Ökonom gesagt, dass wir „uns ohne Bedenken […] aller Völker in allen drey übrigen Welttheilen [bemächtigen]; […] wir thun dieses […] ohne daß einmal jemand in Europa einfällt, daß wir dadurch himmelschreyende Ungerechtigkeiten begehen“?
Johann Heinrich Gottlob Justi (1717-1771) war ein Ökonom, Kameralist und Advokat. Das Zitat stammt aus einer Schrift, in der Justi europäische mit anderen vermeintlich barbarischen Regierungen vergleicht. Im Unterschied zu vielen seiner Zeitgenoss:innen kritisiert er die europäische Überheblichkeit. Dass die Europäer:innen selbst roh seien, zeige sich in ihrem Handeln.
Wann hat ein Autor gesagt: „Kein Mensch ist illegal“?
Elie Wiesel (1928-2016) war ein US-amerikanisch-rumänischer Autor und Shoahüberlebender. Dieser politische Slogan richtet sich gegen Abschiebepolitiken, Asylrechtsverschärfungen und Rassismus und wird bis heute im Kontext von Flucht, Abschiebepolitiken und Grenzen verwendet. Als Urheber gilt Wiesel, der den Slogan im Rahmen einer Bürger- und Menschenrechtskampagne für Salvadorianer:innen in den USA eingebracht haben soll.
Wann hat ein Autor gesagt, dass es „die Mühe wert [wäre], [...] dem ach so [...] humanistischen […] Bourgeois des 20. Jahrhunderts begreiflich zu machen, […] dass er […] eine […] ekelhaft rassistische Auffassung von [… den Menschenrechten] hat“?
Aimé Césaire (1913-2008) war ein afrokaribisch-französischer Politiker und Autor. Das Zitat stammt aus Césaires publizierter Rede „Über den Kolonialismus“. Er kritisiert das Selbstbild des aufgeklärten Europas und zeigt, dass Menschenrechte in einer kolonisierten Welt nicht für alle gelten. Vielen seien Menschenrechtsverletzungen durch Europäer:innen erst durch den Nationalsozialismus deutlich geworden, als sie innerhalb Europas stattfanden.
Wann sagte ein Autor, dass ein „Handel [...] nicht gut seyn [...] [kann] der die ersten natürlichen Rechte, Gleichheit und Unabhängigkeit, verletzt, und einem Menschen eine Herrschaft über seine Brüder gibt, zu der ihn Gott nie bestimmen könnte“?
Olaudah Equiano (1745-1797) war ein in Nigeria geborener Autor. Das Zitat stammt aus Equianos Erinnerung an kriegerische Auseinandersetzungen, die in seiner Kindheit zwischen benachbarten Staaten stattfinden, um Gefangene zu nehmen und sie an europäische Versklavungshändler:innen zu verkaufen. In diesem Fall unterliegen die Angreifer:innen und werden versklavt.
Wann wurde geschrieben, dass es „keine anderen Unterscheidungen gibt als die der Tugenden und Talente, noch eine andere Überlegenheit als die, die das Gesetz bei der Ausübung einer öffentlichen Aufgabe gewährt“?
Das Zitat stammt aus der Verfassung von St. Dominique aus dem Jahr 1801. Im August 1791 revoltieren Schwarze versklavte Menschen gegen die französische Kolonialmacht und befreien sich selbst. Daraufhin folgen Jahre der Auseinandersetzung. St. Dominique wird 1804 unabhängig und in Haiti umbenannt.
Wann wurde geschrieben, „wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt“?
Bei dem Zitat handelt sich um ein Prinzip aus dem Babylonischen Talmud, das die gleichzeitige Universalität und Partikularität aller und jedes Menschen hervorhebt. Dieser Anspruch kommt den Menschenrechten nahe. Die Gedenkstätte Yad Vashem ehrt die „Gerechten unter den Völkern“ (diejenigen, die Jüd:innen während der Shoah retteten) mit einer Medaille, auf der dieser Satz eingraviert ist.
Wann hat ein Philosoph gesagt, dass „die Intelligenz […] noch nie jemanden gerettet [hat]; […] denn wiewohl man im Namen der Intelligenz und der Philosophie die Gleichheit der Menschen verkündet, beschließt man in ihrem Namen auch deren Ausrottung“?
Frantz Fanon (1925-1961) war einer der wichtigsten Vordenker der anti- bzw. postkolonialen Theorie. Das Zitat stammt aus Fanons berühmter Schrift „Schwarze Haut, Weiße Masken“, in der er sich der psychischen Wirkung kolonialer Gewalt auf die Kolonisierten zuwendet. In der Schrift findet sich an mehreren Stellen eine Kritik der europäischen Aufklärung.
Wann sagte eine Politikerin: „Menschenrechte sind Frauenrechte und Frauenrechte sind Menschenrechte“?
Hillary Clinton (*1947) ist eine US-amerikanische Politikerin und war unter der Präsidentschaft ihres Mannes First Lady. Das Zitat stammt aus ihrer Rede während der „Fourth World Conference on Women“ in Bejing, China. Sie verweist darauf, dass Frauen, die an der Konferenz teilnehmen wollten, die Teilnahme verwehrt wurde. Clinton wird allerdings selbst dafür kritisiert, dass sie die Interessen der USA über die Wahrung von Menschenrechten stellt.
Wann hat ein Ökonom gesagt, „daß die sogenannten Menschenrechte [...] nichts anderes sind als die Rechte des Mitglieds der bürgerlichen Gesellschaft“?
Karl Marx (1818-1883) war ein wichtiger Theoretiker der Arbeiter:innenbewegung. Gegen die liberalen Menschenrechte, welche die ökonomische Ausbeutung nur verschleierten, setzt Marx auf deren Abschaffung, um eine Überwindung der von Konkurrenz geprägten Verhältnisse zu ermöglichen. Auf Marx’ Kritik stützen sich sowohl die Arbeiter:innenbewegung als auch anti-koloniale Befreiungsbewegungen.
Wann schrieb eine Gruppe, „dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen […] erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten […]. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind […].“?
Das Zitat stammt aus dem Text einer Bauernversammlung im Kontext des Deutschen Bauernkriegs (1524-26). Nach der Reformation sehen sich Bauern:Bäuerinnen darin bestätigt, dass die bisherige Gesetzeslage nicht dem Willen Gottes entsprach und ihnen Unrecht getan wurde. Sie argumentieren mit der Bibel gegen die kirchlich sanktionierte Ordnung. Die Zwölf Artikel der Bauernschaft gelten als frühe Forderung nach Menschen- und Freiheitsrechten in Europa.
Wann schrieb ein bekannter Philosoph: „Daß also ein Teil der Menschen durch die Natur [...] selbst zu freien Leuten und ein anderer zu Sklaven bestimmt ist [...], ist hiermit bewiesen“?
Aristoteles (384 v. Chr. - 322 v. Chr.) war antiker Philosoph und Universalgelehrter. Er weist in seinem erstem Buch der „Politik“ die Unter- und Überordnung der Menschen als natürliche Gegebenheit aus (1255a3-6). Seine Verteidigung der Versklavung bildet für die Eroberer:innen, Versklavungshalter:innen und Siedler:innen der Vormoderne wie auch der Moderne eine wichtige Quelle zur Rechtfertigung ihres Handelns.
Von wann stammt die Erklärung, in der geschrieben steht: „Wahrer Glaube ist die Garantie für den Genuss solcher Würde auf dem Weg zur Vervollkommnung des Menschen“?
Die Kairoer Erklärung der Menschenrechte gründet explizit auf der islamischen Scharia. Das verursacht eine Spannung. Einerseits wird die Menschenwürde „ohne jede Diskriminierung“ – auch solcher aufgrund von „religiösem Glauben“ – garantiert, andererseits ist der „wahre Glaube“ die „Garantie für den Genuss solcher Würde“.
Wann hat eine Lehrerin gesagt, dass ihr erst jetzt klar wurde, „wie schwer es für mich sein werde, meiner afrikanischen Herkunft wegen ein passendes Unterkommen zu finden“?
Henriette Alexander (1817-1895) war Tochter von afrikanischen Kammerdiener:innen und Hilfslehrerin. Das Zitat stammt aus ihren Aufzeichnungen über ihr Leben. Sie beschreibt verschiedene Stationen ihres Lebens als Lehrerin und in Abhängigkeit. Trotz ihrer Begabungen kann sie keine Unabhängigkeit im Wohnen oder im Beruf erreichen. Ihr werden Gleichheit und Freiheit wegen ihrer afrikanischen Herkunft verwehrt.
Wann hat ein Menschenrechtsaktivist gesagt, dass „unsere Behandlung in Amerika [...] nicht nur eine interne Frage der Vereinigten Staaten [ist]. Es ist ein grundlegendes Problem der Menschlichkeit, der Demokratie, der Diskriminierung aufgrund von Rasse und Hautfarbe“?
W.E.B. Du Bois (1868-1963) war ein US-amerikanischer Menschenrechtsaktivist, Philosoph, Soziologe und Historiker. In einem Brief an die Vereinten Nationen verknüpft Du Bois die Situation der Schwarzen in den USA mit allgemeinen Fragen der Menschenrechte: Während die USA in Europa als Alliierte die Befreiung vom Faschismus maßgeblich vorangebracht haben, werden Schwarzen in den USA grundlegende Rechte verwehrt.
Wann hat eine Publizistin geschrieben, dass „die Nachtseite europäischer Ethik […] nicht mehr so finster wie einst [sei], aber […] doch arg des Lichtes“ bedürfe?
Charlotte Wiedemann (*1954) ist Journalistin und arbeitet zu Erinnerungskulturen und postkolonialem Denken. Das Zitat verweist darauf, dass die Europäer:innen sich einerseits als Begründer:innen der Gleichheit aller Menschen verstehen, während sie zugleich als ehemalige Kolonialmächte die Aufarbeitung und Entschädigung von Kolonialverbrechen verweigern. Jeder Schritt müsse von Opfern eingeklagt, erstritten und ausgehandelt werden.
Wann hat eine Aktivistin gesagt: „Wenn die erste Frau, die Gott erschuf, stark genug war, um die Welt […] alleine auf den Kopf zu stellen, sollten all diese Frauen […] zusammen in der Lage sein, sie […] umzudrehen und wieder auf die Füße zu stellen!“?
Sojourner Truth (1797-1883) war eine Aktivistin, die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzte. Die Rede „Ain‘t I a woman“ hält sie auf dem Frauenkongress in Akron, Ohio im Jahr 1851. Sie kritisiert die Ungleichbehandlung von Schwarzen und weißen Frauen. Die Rede richtet sich gegen fehlende Rechte von Frauen. Truth macht in ihrer Rede auf die Verschränkung von Sexismus und Rassismus aufmerksam.
Wann hat eine Aktivistin gesagt: „Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Mann gleich an Rechten. Gesellschaftliche Unterschiede dürfen nur auf dem Gemeinnutzen gegründet sein“?
Olympe de Gouges (1748-1793) war eine Vorkämpferin der Frauenemanzipation und ihrer Bürgerinnenrechte. Die „Erklärung der Frauen- und Bürgerinnenrechte“ sind eine Gegenerklärung der Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution, die nur für Männer gilt. Zu einem Frauenwahlrecht in Frankreich kommt es allerdings erst lange Zeit später, nämlich im Jahr 1944.
Wann hat ein Dichter gesagt, „wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“?
Heinrich Heine (1797-1856) war ein kritischer, politischer Publizist jüdischer Herkunft. Das Zitat stammt aus seiner Tragödie „Almansor“ und bezieht sich auf das Wartburgfest 1817. Inspiriert durch die Französische Revolution und die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 werden diese auch hier gefordert. In Kontrast zu diesen liberalen Bestrebungen werden bei dem Fest symbolisch Bücher unliebsamer Autor:innen verbrannt.
Wann hat ein Jurist gesagt, dass „mitmachen kriminell“ ist, „wenn der Staat kriminell ist, weil er die Menschen- und Freiheitsrechte […] verletzt“?
Fritz Bauer (1903-1968) war ein Jurist, der sich für die Strafverfolgung von NS-Verbrechen einsetzte. Der Zweck der Auschwitz-Prozesse (1963-1965) sei, dass es neben der historischen Wahrheit über die Taten auch eine rechtliche Absicherung des Widerstandsrechtes gegen gesetzliches Unrecht geben müsse. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer „Tugend des Ungehorsams“ gegenüber Gesetzen und Befehlen, die die Würde des Menschen verletzen.