Quote:
Ich wurde bald unter die Decks gebracht und dort empfing meine Nase eine Begrüßung, die ich noch nie in meinem Leben erlebt hatte: mit der Abscheulichkeit des Gestanks und weinend, erbrach ich mich und wurde so krank, dass ich nicht in der Lage war zu essen (…). Ich wünschte mir jetzt den letzten Freund, den Tod, um mich zu entlasten. Aber bald, zu meiner Trauer, boten mir zwei von den weißen Männer Essen an. Auf meine Weigerung zu essen, hielt mich einer von ihnen an den Händen und legte mich hinüber zur Ankerwinde, band meine Füße fest, während der andere mich hart auspeitschte.
Quelle:
Olaudah Equiano (1789): The Interesting Narrative of the Life of Olaudah Equiano, or Gustavus Vassa, the African.
Autor*inneninfo:
Olaudah Equiano oder Gustavus Vassa (1745-1797) wurde laut seiner Autobiographie von europäischen Sklavenhändlern mit seiner Schwester im heutigen Nigeria gefangen genommen und in die Amerikas entführt. Nach mehreren Besitzerwechseln lernte er lesen, schreiben und handeln, sodass er sich selbst mit dem von ihm verdienten Geld freikaufen konnte. Er schrieb seine Autobiographie, in der er die Grausamkeit der Sklaverei beschrieb und wurde Aktivist in der Anti-Sklaverei-Bewegung.
Kontext:
Der vom späten 15. bis Mitte des 19. Jahrhunderts existierende transatlantische Versklavungshandel sowie die Plantagenwirtschaft wird als eine Bedingung für den wirtschaftlichen Aufschwung Europas sowie für die Armut Afrikas gesehen. Der guayanische marxistische Historiker Walter Rodney schreibt: „Westeuropa ist durch Afrika entwickelt worden, genau wie Afrika von Westeuropa unterentwickelt wurde" (Rodney 1972/2012: 75). Mehr als 12 Millionen Afrikaner:innen wurden in die Amerikas transportiert (Ronald Segal 1995: 4 und David Eltis & David Richards: 2010). Ein Fünftel der Versklavten starb bei der Überfahrt. In den Amerikas wurden sie gezwungen, u.a. auf Zucker-, Tabak- und Baumwollplantagen zu arbeiten. Peter Linebaugh und Marcus Rediker beschreiben, wie afrikanische Versklavte, europäische Proletarier:innen, karibische und nordamerikanische Native Americans zusammen eine hybride Widerstandskultur gegen die Gewalt des sich entfaltenden Kapitalismus bildeten (2008: 190ff.).
Zum Weiterlesen:
*Walter Rodney (1975/2012): How Europe underdeveloped Afrika. Cape Town: Pambazuka Press.
*Peter Linebaugh & Marcus Rediker (2008): Die vielköpfige Hydra. Die verborgene Geschichte des revolutionären Atlantik. Berlin: Assoziation A.
*Webseite Slave Voyages
Jahr:
1789