Kolonialismus 7

Quote:

[Sowohl] die Verbesserung des Gesundheitswesens und damit die einschneidende Senkung der Sterblichkeitsraten (…) als auch die Expansion des Bildungswesens [sind] zwei positive Ausprägungen des Kolonialismus in Afrika. (… ) Außerdem hat sie den sozialen und kulturellen Wandel in der Region beschleunigt. (…) Kolonialherrschaft (…) konnte den Vorrang lokaler sozialer Identitäten – wie den der Familie, der Dorfgemeinschaft, des Clans, der Altersgruppe und der Volksgruppe – vor abstrakteren, allgemeineren Identitäten wie die der Nation nicht beenden.

Quelle:

Stefan Mair (2005): Ausbreitung des Kolonialismus.

Autor*inneninfo:

Dr. Stefan Mair (geb. 1964) ist deutscher Ökonom und wird als Afrikaexperte bezeichnet. Er ist seit 2020 Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit, geschäftsführender Vorsitzender der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI).

Kontext:

Stefan MairDas Zitat des renommierten „Afrika-Experten“ spiegelt die heutige Wirksamkeit von Kolonialmythen wieder. Den Logiken von Mair könnte man viele Gegenbeispiele gegenüberstellen: der Senkung der Sterblichkeitsrate im Kolonialismus vers. koloniale Völkermorden (z.B. im heutigen Namibia); dem Aufbau von Infrastruktur im Kolonialismus vers. Nutzung der Infrastruktur für koloniale Ressourcen- und Menschenausbeutung; sozialer und kultureller Wandel vers. Vernichtung von vorher vorhandenen, z.B. nicht-kapitalistischen Gesellschaftsformen bzw. Subsistenzwirtschaft. Mair beschreibt außerdem, dass die Loyalität zu einer Nation als abstrakte Identität anderen Identität vorzuziehen wäre. Damit werden europäische Konzepte wie ‚Nation‘ unkritisch als Norm vorausgesetzt, ohne die Problematiken dieser Konzepte, z.B. Nationalismus und daraus entstehende Kriege, zu benennen. Die positive Bezugnahme auf „politischen und kulturellen Wandel in der Region“ deuten auf ein positives Verständnis der Kolonisierung als „Zivilisierungsmission“ hin.

Zum Weiterlesen:

Jahr:

2005