Quote:
Das Volk, dessen Zustand und Herkunft ich in dieser Schrift abzuhandeln gedenke, die Z*******, sind eine überaus sonderbare Erscheinung in Europa. Wir mögen uns in ihren Wohnungen umsehen, oder bei ihren Mahlzeiten als Zuschauer setzen oder endlich auch nur einen Blick auf ihre Gesichter werfen. Immer finden wir sie eigen und werden bei jedem Schritte von einer neuen und ungewohnten Scene überrascht. Das Sonderbare aber bei diesen irrenden Fremdlingen ist, daß weder Zeit noch Clima, noch Beispiele, bisher auf sie, überhaupt genommen, merklichen Einfluß gehabt haben.
Quelle:
Gottlieb Grellmann (1787): Historischer Versuch über die Z******* betreffend die Lebensart und Verfassung und Sitten und Schicksale dieses Volkes seit seiner Erscheinung in Europa und dessen Ursprung. Göttingen: Bey Johann Christian Dieterich.
Autor*inneninfo:
Moritz Gottlieb Grellmann (1756-1804) gilt als Gründer der "Tsiganologie". In seinem Werk behauptete er, Rom:nja würden Kinder stehlen und vermutlich essen. Weiter beschrieb er die Romni als äußerst sexuell freizügig. Er wurde 1787 zum Professor in Göttingen ernannt.
Kontext:
Obwohl Grellmann als der sogenannte Gründer der Tsiganologie gehandelt wird, hat er wohl selbst nie mit Rom:nja gesprochen. Sein gesamtes Werk ist entweder abgeschrieben oder im Gespräch mit einem Priester, der mit Romnja: arbeitete, entstanden. Auch war es nicht Grellmann, der die indische Herkunft linguistisch nachweisen konnte. Die Schrift ist ein Beispiel dafür, wie in der sozialwissenschaftlichen Forschung über, aber nicht mit den „Forschungsobjekten“ gesprochen wird.
Zum Weiterlesen:
*Ian F. Hancock (1987): The Pariah Syndrome: An Account of Gypsy Slavery and Persecution. Ann Arbor: Karoma Publishers.
Jahr:
1787