Quote:
,,Die dritten sprachen, dass die Juden alle Brunnen vergifet hätten und die Christenheit töten [wollten]; und man fand in vielen Brunnen Säckchen mit Gift, und [deshalb] tötete man unzählige von ihnen am Rhein, in Franken und in allen deutschen Landen. Wahrhaftig, ob einige Juden das taten, das weiß ich nicht. […] Jedoch weiß ich sehr wohl, dass es in Wien so viele Juden gab wie in keiner anderen Stadt, die ich in deutschen Landen kenne, und dass sie dort (..) zahlreich starben (…)“
Quelle:
Bernd Schneidmüller (2012): Katastrophenerinnerung: Große Pest und Judenpogrome 1348 bis 1352. Band 2, S. 399
Autor*inneninfo:
Konrad von Megenberg (1309-1374) war Geistlicher und Autor. Das Zitat stammt aus seiner Schrift „Das Buch der Natur“. Es ist ausdrücklich für Laien und nicht für Expert:innen geschrieben.
Kontext:
Beim so genannten Judenbrennen Mitte des 14. Jahrhunderts wurde viele tausend Jüdinnen und Juden verfolgt, vertrieben und ermordet. Die Pogrome waren nicht nur Folge der damals wütenden Pestseuche, denn nicht selten gingen die Pogrome der Seuche voraus. Jüdische Gemeinden wurde beschuldigt, Brunnen vergiftet und somit die Pest hervorgerufen zu haben. Mergenberg stellt eine der wenigen kritischen Stimmen der Zeit dar, indem er schreibt, dass jüdische Menschen gleichermaßen an der Pest starben. Einige Herrschende wie Kaiser Karl IV. (1316-1378) garantierten den Täter:innen Straffreiheit (Urkunde vom 25.06.1349, siehe Schneidmüller 2012: 399): „Die Pestseuche ergriff also nicht nur die Körper, sondern auch die Köpfe der Menschen (...) Menschen, von Mikroorganismen im eigenen Körper tödlich bedroht, suchten ihr Heil in der Tilgung des scheinbar Fremden aus ihrem Lebensraum“ (ebds. 400).
Zum Weiterlesen:
*Ruth Kinet (2020): Mit der Pest kamen die Progome (aus dem Podcast "Aus der jüdischen Welt")
*František Graus (2002): Judenprogrome im 14. Jahrhundert: Der schwarze Tod
*Haverkamp, Alfred (1981): Die Judenverfolgung zur Zeit des Schwarzen Todes im Gesellschaftsgefüge Deutscher Städte